Ethik


Ethik, Moral, Sitte, Tugend

Ethik (von ethos) ist die Lehre vom richtigen Handeln und Wollen. Damit verbunden die Klärung der Frage was gut und böse ist. (Bzw. der Klärungsversuch.) Traditionell ist Ethik eine zentrale Disziplin der Philosophie. (Einige Philosophen – z. B. viele Vertreter der Analytischen Philosophie –, sehen die Ethik nicht als einen Teil der Philosophie, sondern als etwas gesondertes.)

Der Begriff »Moral« wird häufig synonym mit  Ethik benutzt. Zuweilen versteht man unter Moral aber auch im Gegensatz zur Ethik nicht nur das geforderte, sondern das tatsächlich praktizierte Verhalten. (Beispiel: »Die Moral der Truppe.«) Umgangssprachlich wird Moral zuweilen reduziert auf das richtige Verhalten im sexuellen Bereich.

Die Begriffe »Sitte und Sittlichkeit« werden häufig im Sinne von Moral und  Ethik benutzt. Häufig werden sie aber auch benutzt zur Bezeichnung der allgemeinen Gebräuche einer Menschengruppe, meist Völker, die über gut und böse noch nichts aussagen. Zuweilen wird Sitte reduziert auf das richtige Verhalten im sexuellen Bereich. (»Sittenpolizei«)

Der Begriff »Tugend« ist eng mit Moral und  Ethik verknüpft. Ursprünglich mit »Tauglichkeit« verwandt, bedeutet er besonders in der älteren Literatur bestimmte gute menschliche Eigenschaften, die vom jeweiligen philosophischen oder religiösen Standpunkt aus propagiert oder gefordert werden.

Was »das Gute und das Böse« ist und welche Verhaltensweise des Menschen sich daraus ergeben sollten, ist eines der meistdiskutierten Themen der Philosophie. [1] Es ist darüber hinaus auch ein praktisches Problem, mit dem alle Menschen, unabhängig davon, ob sie sich mit Philosophie beschäftigen, betrifft. Es gibt deshalb eine riesige Menge von Literatur zu diesem Thema. Es wurden die unterschiedlichsten  Ethiken entwickelt, die verschieden hergeleitet und begründet wurden bzw. werden.

Die verschiedenen Ethiken werden von verschiedenen Philosophen und Autoren auf verschiedene Weise von einander unterschieden und unter Oberbegriffe geordnet. U. a. sind folgende Bestimmungskriterien möglich: (Wobei ethische Aussagen je nach Betrachtung unter verschiedene Oberbegriffe subsumierbar sind.)

  1.  Inhaltliche Aussagen der Ethik
  2.  Art der Herleitung der Ethik
  3.  Art der Begründung der Ethik

1. Inhaltliche Aussagen der Ethik

2. Art der Herleitung der Ethik

3. Art der Begründung der Ethik

Meine Ethik

In Meiner Philosophie habe ich im 5. Kapitel die Fragwürdigkeit ethischer Normen dargestellt, bin zum methodischen Nihilisten geworden, und im 9. Kapitel versucht den Nihilismus zu überwinden und eine Ethik zu begründen, die Ähnlichkeiten zu der Ethik Erich Fromms hat. Die Menschen haben nach meiner Überzeugung primär die Bedürfnisse nach Liebe, Geselligkeit, Produktivität u. ä. und nur wenn sie auf grund von physischen Defekten, ihrer Sozialisation, ihrer Lebensumstände und/oder mangelnder Geschicklichkeit und Einsichtsfähigkeit daran gehindert sind, diese Bedürfnisse zu befriedigen, dann entstehen im Menschen als sekundäre Bedürfnisse Hass, Ungeselligkeit, Destruktivität, Sadismus u. ä. als eine krankhafte Entartung des Menschen. Meine Ethik ist eine humanistische Ethik, eine Güterethik und eine Gefühlsethik. Verstand und Vernunft stehen nach meiner Überzeugung allen ethischen Werten neutral gegenüber. Es scheint allerdings – wenn auch nicht eine unmittelbare – Verbindung zu geben zwischen einer hohen Entwicklungsstufe von Ethik und einer hohen Entwicklungsstufen von  Vernunft.

Sehen Sie hierzu auch  Meine Vorstellungen über Ideale.


Zitate zu Ethik, Moral, Sitte und Tugend

Beim Leser folgender Zitate sollte man beachten, dass Ethik und Moral das gleiche bedeuten können, aber auch verschiedenes.

Aristoteles: »Lobenswerte Eigenschaften nennen wir Tugenden.«

Francis Bacon: »Die beste Einstellung gegenüber dem Bösen ist, es nicht tun zu wollen.«

Bibel: »Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt – das ist alles, was das Gesetz und die Propheten fordern.« [Das ist bereits Kants  kategorischer Imperativ.]

Bertolt Brecht: »Erst kommt das Fressen, dann die Moral.«

Franz Buggle: »Die  Bibel – und zwar nicht nur das Alte, sondern auch das Neue Testament – ist in zentralen Teilen ein gewalttätig-inhumanes Buch, als Grundlage einer heute verantwortbaren Ethik ungeeignet.«

Wilhelm Busch: »Tugend will ermuntert sein, // Bosheit kann man schon allein.«

Marie von Ebner-Eschenbach: »Wir verlangen sehr oft nur deshalb Tugenden von anderen, damit unsere Fehler sich bequemer breitmachen können.«

Heinz Erhardt: »Mit den Menschen ist es wie mit den Autos: Laster sind schwer zu bremsen.«

Sigmund Freud: »Das Unbewusste ist viel moralischer, als das Bewusste wahrhaben will.«

Friedrich der Große: »Gute Sitten haben für die Gesellschaft mehr Wert als alle Berechnungen Newtons

Mahatma Gandhi: »Man soll weder annehmen, noch besitzen, was man nicht wirklich zum Leben braucht. Jeder, der entbehrliche Nahrung, Kleidung oder Möbelstücke besitzt, verstößt gegen dieses Gebot. Zum Beispiel darf man keinen Stuhl behalten, wenn man ihn nicht braucht. Die Einhaltung dieses Gebots führt zu immer größerer Vereinfachung des eigenen Lebens.«

Franz Grillparzer: »Moral ist ein Maulkorb für den Willen, Logik ein Steigriemen für den Geist

Jürgen Habermas: »Aus wissenschaftlichen Theorien folgt technisch verwertbares, aber kein normatives, kein handlungsorientierendes Wissen

Johann Gottfried von Herder: »Jeder Stand, jede Lebensart hat ihre eignen Sitten.« [Jedes Volk, jede Kultur.]

Joseph Joubert: »Um in der Welt Erfolg zu haben, braucht man Tugenden, die beliebt, und Fehler, die gefürchtet machen.«

Immanuel Kant: »Gewissen ist das Bewusstsein eines inneren Gerichtshofes im Menschen.« »Die Moral, so fern sie auf dem Begriffe des Menschen, als eines freien, eben darum aber auch sich selbst durch seine Vernunft an unbedingte Gesetze bindenden Wesens, gegründet ist, bedarf weder die Idee eines andern Wesens über ihm, um seine Pflicht zu erkennen, noch einer andern Triebfeder als des Gesetzes selbst, um sie zu beobachten.« Nicht unbedingt dazu passend, sagt Kant aber auch »Moral also führt unumgänglich zur Religion, wodurch sie sich zur Idee eines Machthabenden moralischen Gesetzgebers außer dem Menschen erweitert, in dessen Willen dasjenige Endzweck (der Weltschöpfung) ist, was zugleich Endzweck des Menschen sein kann und soll.«

Hans Kasper: »Dubiose Tugend aller Revolutionäre: So viel Gefühle für die Menschheit, dass keins mehr bleibt für den Menschen .«

Sören Kierkegaard: »Eine begeisterte ethische Individualität gebraucht den Verstand, zu entdecken, was das Klügste ist, um es dann bleiben zu lassen, denn was wir im allgemeinen das Klügste nennen, ist selten das Edle.« »Unter dem Himmel der Ästhetik ist alles so leicht, so schön, so flüchtig; kommt die Ethik angeschritten, so wird alles hart, kalt und unendlich langweilig.«

Klaus Kinski: »Man muss den Menschen vor allem nach seinen Lastern beurteilen. Tugenden können vorgetäuscht sein. Laster sind echt.«

Konfuzius: »Behandle jeden so, wie du selbst behandelt werden möchtest.«

Laotse: »Versuche die Menschen glücklich zu machen, und du legst das Fundament für das Elend. Versuche die Menschen moralisch zu machen, und du legst das Fundament für das Laster.«

Lichtenberg: »Unternimm nie etwas, wozu du nicht das Herz hast, dir den Segen des Himmels zu erbitten!«

Abraham Lincoln: »Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben.«

Konrad Lorenz: »Die Moral eines Menschen ist zu beurteilen nach der Fähigkeit, welch großes Opfer er zu bringen bereit ist, ohne dabei an eine Gegenleistung zu denken

Herbert Marcuse: »Wenn der Mensch gelernt hat, zu sehen und zu wissen, was wirklich ist, wird er im Einklang mit der Wahrheit handeln. Erkenntnistheorie ist an sich Ethik, und Ethik ist Erkenntnistheorie.« [Schön wär's! So sahen es schon Sokrates und Platon.]

Val McDermid: »Es ist ein Fehler, das Gesetz mit der Moral zu verwechseln.«

Montesquieu: »Zwischen den Gesetzen und den Sitten besteht der Unterschied, dass die Gesetze mehr die Handlungen des Bürgers und die Sitten mehr die Handlungen des Menschen regeln. Zwischen den Sitten und Gebräuchen besteht der Unterschied, dass erstere mehr das innere Verhalten, letztere mehr das äußere betreffen.«

Nietzsche: »Es gibt gar keine moralischen Phänomene, sondern nur eine moralische Ausdeutung von Phänomenen.« »Moral ist heute in Europa Herdentier-Moral.« »Gute Handlungen sind sublimierte böse; böse Handlungen sind vergröberte, verdummte gute.« »Das Leben ist nun einmal nicht von der Moral ausgedacht: es will Täuschung, es lebt von der Täuschung.« »Die Bestie in uns will belogen werden; Moral ist Notlüge, damit wir von ihr nicht zerrissen werden. Ohne die Irrtümer, welche in den Annahmen der Moral liegen, wäre der Mensch Tier geblieben. So aber hat er sich etwas Höheres genommen und sich strengere Gesetze auferlegt.« »Der Asket macht aus der Tugend eine Not.« »Jede Tugend neigt zur Dummheit, jede Dummheit zur Tugend.«

Karl Popper: »Wir brauchen eine Ethik, die Erfolg und Belohnung überhaupt ablehnt.«

Marcel Proust: »In unserem Körper gibt es einen gewissen Instinkt für das, was uns zuträglich ist, wie in unserem Herzen für das, was unsere ethische Pflicht ist; beides kann durch keinerlei Autorisation von seiten eines Doktors der Medizin oder der Theologie ersetzt werden.« ( Gefühlsethik)

Franziska zu Reventlow: »Auf einmal in einem ganzen Wirbel drin von Aventüren. Ach, wie ist es gut, wenn einem der moralische Halt so gänzlich fehlt.« [»Ist der Ruf erst ruiniert // lebt's sich frei und ungeniert.«]

Jean-Jacques Rousseau: »Läge im Herzen des Menschen nichts Moralisches, woher käme ihm die begeisterte Bewunderung heldenhafter Taten, die liebende Hinwendung zu den großen Seelen, der Enthusiasmus für die Tugend?«

Bertrand Russell: »Das Hauptproblem von Ethik und Politik besteht darin, auf irgendeine Weise die Erfordernisse des Gemeinschaftslebens mit den Wünschen und Begierden des Individuums in Einklang zu bringen.« »Man kann von allen Lastern frei sein und trotzdem keine einzige Tugend besitzen.«

Marquis de Sade: »Nicht die Tugend fordert man von uns, sondern nur ihre Maske. Wenn wir uns zu verstellen wissen, so ist man zufrieden.«

Friedrich Schlegel: »Wo Politik ist oder Ökonomie, da ist keine Moral.«

Helmut Schmidt: »An der Wall Street herrscht nicht nur ein Defizit an Durchblick, sondern auch ein moralisches Defizit.«

Arthur Schopenhauer: »Das Mitleid ist die Grundlage der Moral.« »Ethik kann so wenig zur Tugend verhelfen, als eine vollständige Ästhetik lehren kann, Kunstwerke hervorzubringen.« »Echte Moral und Moralität ist von keiner Religion abhängig, wiewohl jede sie sanktioniert und ihr dadurch eine Stütze gewährt.« »Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer.« »Alle Tugend, die irgendwie eines Lohnes wegen geübt wird, beruht auf klugen, methodischen, weitsehenden Egoismus

Albert Schweitzer: »Ethik ist ins Grenzenlose erweiterte Verantwortung gegen alles, was lebt.« »Ethisch werden heißt, wahrhaft denkend werden.« »Alles Denken, das in die Tiefe geht, endet in ethischer Mystik

Seneca: »Es kann niemand ethisch verantwortungsvoll leben, der nur an sich denkt und alles seinem persönlichen Vorteil unterstellt. Du musst für den anderen leben, wenn du für dich selbst leben willst.« »Gehe so mit den Niederen um, wie du wünschest, dass der Höhere mit dir umgehe.« »Niemand ist zufällig gut, die Tugend muss man lernen.« »Was einst Laster war, ist heute Sitte.«

Spinoza: »Der freie Mensch handelt niemals arglistig, sondern stets aufrichtig.«

Max Stirner: »Der moralische Einfluss nimmt da seinen Anfang, wo die Demütigung beginnt, ja er ist nichts anderes, als diese Demütigung selbst, die Brechung und Beugung des Mutes zur Demut herab.«

Mark Twain: »Gut sein ist edel. Aber anderen zeigen, wie gut sie sein sollten, wirkt edler und macht nicht soviel Mühe.«

Voltaire: »Gewohnheit, Sitte und Brauch sind stärker als die Wahrheit

Max Weber: »Wir müssen uns klarmachen, dass alles ethisch orientierte Handeln unter zwei voneinander grundverschiedenen, unaustragbar gegensätzlichen Maximen stehen kann: es kann ›gesinnungsethisch‹ oder ›veranwortungsethisch‹ orientiert sein.«

Richard von Weizsäcker: »Politik, Demokratie und Marktwirtschaft können ohne einen Bodensatz von Ethik letzten Endes nicht existieren.«

Oscar Wilde: »Moral ist einfach die Haltung, die wir gegen Leute einnehmen, von denen wir persönlich nicht erbaut sind.«


Sprichwort: »Andere Zeiten, andere Sitten.«


Anmerkungen

Anm. 1: Es ist auch ein zentraler Aspekt der  Religionen. Dort wird allerdings nicht darüber diskutiert, sondern es werden verbindliche Aussagen gemacht und ein bestimmtes Verhalten eingefordert. Was ich unter Gut und Böse verstehe, dazu habe ich mich näher geäußert in Meiner Philosophie zu Beginn des 15. Kapitels und in der Anmerkung 100. Zurück zum Text


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