Max Scheler

Max Scheler (1874–1928) war ein deutscher Philosoph, Psychologe, Soziologe und Anthropologe. Zu Beginn seiner philosophischen Arbeiten war er Neukantianer, wurde dann durch den Einfluss Husserls Phänomenologe, nahm Elemente der Lebensphilosophie auf, wandelte sich dann zu einem klassischem  Idealisten mit starken religiösen Neigungen und dann zum Pantheisten. Er ist Mitbegründer der Wissenssoziologie. Am bekanntesten ist er wegen seiner  Materialen Wertethik. Er studierte u. a. bei Euken, was seine späteren Auffassungen über die Selbständigkeit des Geistes wohl beeinflusst haben dürfte.


Max Scheler ausführlicher


Einige Aspektre der Philosophie Schelers

Scheler wendet die Phänomenologie auf die Ethik an. Seine Bedeutung liegt besonders auf dem Gebiet einer phänomenologischen Werttheorie. [Da stellt sich für mich die Frage, ob Werte überhaupt phänomenologisch erfasst werden können. Oder ob hier nicht jemand sein subjektives Innere schaut und dann von sich auf alle bzw. auf Objektives schließt.]

Wert: Menschliches Streben habe immer ein Ziel (das dem handelnden Menschen nicht unbedingt bewusst sein müsse). In jedem Ziel liege ein Wert. Der Mensch strebe immer nach Werten. Die Werte seien für sich bestehende, ewige, unveränderliche Wesensheiten. Existierten also unabhängig vom einzelnen Menschen, von allen Menschen, von allen äußeren Faktoren. Verändern täte sich nur unser Wissen und unser Verhältnis zu den Werten. Die phänomenologische Methode ermögliche diese Werte inhaltlich zu erfassen. [Hier ist ein klarer Gegensatz zu dem heute in der Philosophie vorherrschenden  Emotivismus. Außerdem passt diese Wert-Objektivität schlecht zum heutigen Wissen über die Naturgeschichte. Den größten Teil der Erdgeschichte hat es den Menschen gar nicht gegeben. Siehe Zeittafel.]

Scheler bekämpfte den ethischen Relativismus und ethischen Subjektivismus, aber auch den Formalismus Kants, der in einer bloßen Form einer allgemeinen Gesetzgebung das Prinzip der Ethik sehe. [Bei  Kant gibt es auch überindividuelle ethische Normen, die angeblich jeder in sich entdecken könne. Diese intersubjektiven Werte sind allerdings nicht notwendigerweise objektiv.] Nach Scheler ist die apriorische, intuitive Werterfassen durch die  Person möglich: das emotionale Wertgefühl [Und dann schloss er von sich auf alle. Die Werte, die er emotional in sich vorfand, erklärte er zu objektiven, unabhängig von Menschen, Verstand etc. Entitäten.]

Rangordnung der Werte:

Zu unterscheiden seien Personen- und Sachwerte. Erstere stünden höher.

Der Begriff der Person hat bei Scheler eine zentrale Bedeutung. Person ist für ihn nicht das sich wissende Ich, um Person zu sein, müsse Vollsinnigkeit, Mündigkeit, Wahlmächtigkeit vorhanden sein. Scheler vertritt einen ethischen Personalismus.

Geist und Natur seien völlig verschieden und von einander unabhängig. Jede Art Monismus, wie z. B. Schellings Identitätsphilosophie, sei ein fauler Kompromiss. Der Mensch stamme nicht nur vom Tier ab, er sei ein Tier! Auf der anderen Seite sei der Mensch aber »das Wesen, das betet«, ein Gottsucher. [Damit hat Scheler das Problem, das alle  Dualisten, z. B.  Descartes, haben. Wie können Geist und Natur aufeinander wirken, wenn sie völlig verschieden sind?]

Liebe richte sich immer auf eine Person. [Da ist  Fromm aber ganz anderer Ansicht!] Wenn man alle Werte einer Person zusammenzähle, sie könnten die Liebe nicht erklären. Es bliebe ein begründbares Mehr, die Liebe zur konkreten Person. Die höchste Liebe sei die Gottesliebe, und das bedeute nicht Liebe zu Gott, sondern ein Mitvollzug von Gottes Liebe zur Welt etc. usw. usf. [Fürchterlicher Schwachsinn! Über die »Liebe Gottes« sehen Sie bitte  Über die Unschlüssigkeit des christlichen Gottesbildes.]

Philosophische Anthropologie: Scheler Buch Die Stellung des Menschen im Kosmos gilt vielen als Beginn der modernen philosophischen Anthropologie.

Scheler unterscheidet ein Drangprinzip und ein Geistprinzip.

Stufenfolge der psychischen Kräfte nach Scheler:

  1. Der bewusst-, empfindungs- und vorstellungslose Gefühlsdrang, »zugleich der Dampf, der bis in die lichtesten Höhen geistiger Tätigkeiten alles treibt«. [ Freuds Libido, Schopenhauers blinder Weltwille,  Nietzsches Wille zur Macht. [Ein vorstellungsloses Gefühl kann ich mir vorstellen, aber kein bewusstloses Gefühl. Aber so ist es halt in der Philosophie. Es gibt keine einheitliche Fachsprache. Und so benutzen Leute das Wort Gefühl für etwas, das man nicht fühlt.]
  2. Der Instinkt, angeborene, zweckdienliche Reaktionen. Die praktische Intelligenz stehe dem Instinktiven noch nahe. Aus diesem gingen zwei neue Verhaltensweisen hervor:

    1. das gewohnheitsmäßige Verhalten, das assoziative
      Gedächtnis und
    2. das intelligente Verhalten. (Wahlmöglichkeit,
      Antizipatoinsfähigkeit.)

Im Menschen sei etwas, das ihn weit über das Tier erhebe: Geist. Und der Geist manifestiere sich in der Person. [Hier gibt es bei hochentwickelten Tieren Vorformen.]

Als Geistwesen sei der Mensch nicht umwelt- und triebgebunden. Er könne sich das eigene Seelenleben zum Gegenstand machen. [Das können Tiere und Kinder noch nicht.] So entwickle er  Selbstbewusstein, neben dem Geist das zweite Wesensmerkmal des Menschen.

Gott bilde sich erst im Weltprozess, Menschwerdung und Gottwerdung seien aufeinander bezogen und angewiesen. [Da hat ja wohl Hegel Pate gestanden! Ich fühle mich wieder einmal in meiner Auffassung bestätigt, dass wir Menschen bzw. unsere Nachfahren Gott hervorbringen müssen. Der Mensch wird die Gottwerdung nicht hinkriegen, wir sind nur ein Zwischenglied auf dem Wege dorthin.]

Wissenschaft: Die Realwissenschaften hätten nur eine  instrumentalistische Bedeutung. Mit ihnen würde sich der Mensch im Prinzip nicht über das Niveau von Schimpansen erheben. [Schimpansen haben ja bekanntlich schon geheizte Wohnungen mit Internetanschluss.]

Um das Weltganze und die Rolle des Menschen in ihm zu begreifen, müsse über die Wirklichkeit hinaus gegangen werden. Der Verstand könne die Werte und das wirkliche Erleben nicht erfassen. Unendlichkeit, Liebe, Ewigkeit seien solche Werte, die außerhalb von Verstand und Wirklichkeit beständen. Um das zu begreifen, müsse man sich von  Materialismus und Positivismus trennen und den Menschen als ein emotionalen Wesen sehen, welches vom Lebenswillen, von mystischen Elementen und dem Unterbewussten bestimmt werde.


Zitate Schelers

»In einer Welt, die eine Gottheit nach einem Plane erschaffen oder in der eine Gottheit außerhalb des Menschen in irgend einem Sinne über Zukünftiges verfügt, ist der Mensch als sittliches Wesen, als Person vernichtet.«

»Ich bekenne frei, dass mir in einer kapitalistischen Welt eine leidende, opponierende Kirche fast a priori eine Notwendigkeit erscheint.«


Meine Kritik an Scheler

Gut an Scheler gefällt mir seine Auffassung, dass Gott sich erst im Weltprozess bildet, und dass Gottwerdung und Menschwerdung aneinander gebunden sind. Jetzt fehlt nur noch Schritt zur Erkenntnis, dass der Mensch eine Durchgangsphase der Evolution ist und die Gottwerdung von höhere Arten realisiert werden wird.

Kaum hatte sich Darwin in der wissenschaftlichen Welt halbwegs durchgesetzt und der Menschen war von dem Sockel »exklusives Lebewesen« gestoßen, da stellt Scheler ihn auf den Sockel »exklusiv geisthabendes Lebewesen«.

Abgesehen mal von diversen Details, substantiell Neues gegenüber Platon scheint die Wert-Phänomenologie nicht zu bieten. Abgesehen mal von Schelers Behauptung, Geist und Natur seien völlig verschieden.

Unendlichkeit und Ewigkeit kann ich mir als unabhängig vom Verstand und vom Menschen existierende Werte, oder besser Entitäten vorstellen. Aber wie man im Anbetracht des Zustandes und der Funktionsweise der Welt die Liebe als eine solche Entität annehmen kann, ist mir schleierhaft. Scheler wird doch wohl Schopenhauer gekannt haben.


Kommentare anderer Philosophen zu Scheler

Heidegger: Scheler sei »die stärkste philosophische Kraft im heutigen Deutschland, nein, im heutigen Europa und sogar in der gegenwärtigen Philosophie überhaupt.«


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