Ich


Kurzbeschreibung des »Ich«

Das »Ich« bezeichnet die eigene Person, Körper und Geist. In der Philosophie wird mit »Ich« meistens die geistige Person bezeichnet.

Nach dem psychologischen  Aktualismus ist das »Ich« keine Substanz, die den seelisch-geistigen Prozessen zu Grunde liegt, sondern es ist identisch mit den seelisch-gesitigen Prozessen. Dem steht entgegen der  Substanzialismus, nach dem das »Ich« eine Substanz ist, die den seelisch-geistigen Prozessen zu Grunde liegt. Das ist Essenzialismus bezogen auf das Ich. Dialektisch ist das Ich identisch und nichtidentisch mit den Erlebnissen des Ichs.

Seine eigene Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen, ist Egoismus

Sein eigenes Ich in den Mittelpunkt stellen, ist Egozentrismus.

Sein eigenes Ich für das einzig existierende Ich zu halten, ist Solipsismus.


»Ich« in verschiedenen Religionen und Philosophen

Im  Bramanismus ist das »Ich« (Atman) mit dem Sein (Brahman) identisch. Es gibt überhaupt nur eine wahre Wesensheit in der Welt, die im Weltganzen betrachtet Brahman, im Einzelwesen erkannt, Atman heißt. Das Weltall ist Brahman, Brahman aber ist der Atman in uns.

Im  Buddhismus gibt es kein dauerhaftes »Ich«, kein dauerhaftes Bewusstsein. »Ich« und Bewusstsein entstünden und vergingen in jedem Augenblick neu. (Aktualismus) Nur die Geschwindigkeit, mit der dieser Prozess ablaufe, und die Verwobenheit der einzelnen Seinsmomente erwecke die Täuschung, es gäbe ein dauerhaftes Ich und ein dauerhaftes Sein.

Im  Pantheismus ist Gott kein Ich. Im Gegensatz zu anderen Religion z. B. dem Christentum und dem Islam

 Descartes sieht die Selbsgewissheit des »Ich« durch das Cogito ergo sum gegeben. Unter »Ich« versteht er das geistige, nicht das leibliche »Ich«. »Ich« sei  »res cogitans«,

Für  Spinoza ist das Ich keine Substanz, sondern ein Modus Gottes. »Ich«, das seien eine gewisse Menge Gedanken im göttlichen Bewusstsein, die zueinander eine besondere Beziehung und zu anderen eine besondere Grenze hätten.

Bei  Leibniz ist das »Ich« eine in sich geschlossene Monade, die mit anderen »Ichs« keinerlei Wechselwirkung hat.

Bei  Hume gibt es keine geistige Substanz, die den inneren Impressionen des Erkennens, Fühlens und Wollens zu Grunde liege. Es gebe keine Seele, kein unveränderliches »Ich«. (Aktualismus).

Den Aktualismus betont  Kant und bestreitet den Substantialismus. Das Ich-Bewusstsein sei aber trotzdem unmittelbar gegeben und nicht hinwegzweifelbar. Kant unterscheidet zwischen einem »logischen Ich« und einem »empirischen Ich«. Mit dem »logischen Ich« denke man sich eine absolute Einheit des Subjekts. Die Beziehung auf dieses »Ich« liege jeder Erkenntnis zu Grunde. Über dieses »Ich« könne man jedoch konkretes nicht sagen. Das »empirische Ich« sei innere Erscheinung, über das viel erkannt werden könne. Der Satz »Ich bin mir meiner bewusst«, beinhalte die zwei verschiedenen »Ichs«.

Der herausragendste »Ich-Philosoph« ist  Fichte. Nach ihm steht am Beginn das aktive »Ich«, dass in einem vorbewussten Stadium sein eigenes Sein setzt. Und da das »Ich« seinem innersten Wesen nach Tätigkeit sei, setze es sich, ebenfalls unbewusst, ein »Nicht-Ich«, die Welt, als Schranke, als Widerstand entgegen, um an etwas tätig sein zu können. Hatte der frühe Fichte mit seinem »individuellen Ich« das Problem des Solipsismus (auch wenn ihm selbst das nicht bewusst gewesen sein sollte), so wird das »Ich« des späten Fichte mehr und mehr zu einem »universellen Ich« und nähert sich bereits der Vorstellung vom Weltgeist.

Für Hegel haben »transzendentales Ich«, und »empirisches Ich«, »Ich« und »Nicht-Ich«, ein dialektisches Verhältnis zueinander. Aktualismus und Essenzialismus werden dialektisch vermittelt.

Gegen den Substanzialismus wendet sich Nietzsche. Das »Ich« sei eine gewisse Menge an Kräften, von denen mal die, mal jene dominiert. Das »Ich« sei eine Fiktion, als primäre Ursache, als Täter sei es eine Fabel. »Niemand ist für seine Taten verantwortlich, Niemand für sein Wesen.«

Für  Husserl hat der Mensch als »empirisches Ich« Erlebnisse, aber als »seelisches Ich« sei er ein Bündel von Erlebnissen, ein Erlebnisstrom. Husserl vertrat zuerst die Position, die Erlebnisse eines »seelischen Ichs« verdankten ihre Zusammengehörigkeit nur Relationen, die sie zueinander hätten. (Aktualismus) Später sagte Husserl dann, sie verdankten diese Zusammengehörigkeit Beziehungen, die sie zu einem »reinen Ich« hätten. (Substanzialismus) Während  Descartes das Ich aus dem Zweifel herausrettet, forderte Husserl die »Einklammerung« des Ichs (der innere Welt).

Im Gegensatz zu den  idealistischen Philosophien wird in den existentialistischen und lebensphilosophischen Systemen auf die konkrete Existenz des einzelnen Ichs hingewiesen.

 Heidegger verzichtet auf die Begriffe »Ich« und Subjekt und spricht von Dasein.

Bei  Freud ist das »Ich« die weitgehend bewusste Person, die gegen bzw. vermittelnd zu den Trieben (Es) und zu den Forderungen des Gewissens und der Außenwelt (Über-Ich) stehe.

Für  Wittgenstein ist das »Ich« die »Grenze der Welt«, es komme in der Welt nicht vor.

Auch für die  Poststrukturalisten ist das »Ich« eine Fiktion, ein reinen Zeichenprodukt, durch die Sprache geschaffen und in ihr gefangenes Wesen.


Meine Vorstellung vom Ich

Mir geht es darum, zwischen sicherem Wissen und Vermutungen zu unterscheiden. Sicher ist, was jetzt gerade da ist. Oder wie man es auch immer nennen mag. Es sind Erlebnisse da, es sind Bewusstseininhalte da. Und die sind nicht gleichzeitig nicht da, sie sind nicht hinwegzweifelbar. Wenn im Bewusstsein eine Instanz ist, die sich »Ich« nennt, ist auch sie im Moment da und nicht hinwegzweifelbar.

Ich existiere in einer »Bewusstseinsblase« und im Zentrum dieser Bewusstseinsblase ist die Instanz, die sich »Ich« nennt. Dies wird unmittelbar erlebt und ist deshalb unbezeifelbare subjektive Realität.

Da das einzelne Ich sich nur seiner eigenen Existenz sicher sein kann, besteht die Möglichkeit des Solipsismus.

Wer oder was bin »Ich« eigentlich? Ich bin ein erlebendes Wesen. Wenn ich alle Erlebnisse streichen würde (was gar nicht möglich ist), dann bliebe gar kein Ich mehr übrig. Ich bin identisch mit meinen Erlebnissen. Diese Erlebnisse ändern sich aber ständig. Neue kommen, alte verschwinden. Einige dieser Erlebnisse, die besonders stabil sind, die sich im Vergleich zu anderen nur sehr langsam ändern, die sind es, die ich mit den Namen »Ich« bezeichne. – Ich habe mal darüber nachgedacht, ob ich eigentlich noch der Mensch bin, der ich Ende der 60er Jahre war. Damals war ich ein sehr junger, ungebildeter, auf einem qualitativ anderen geistigen Niveau existierender Hilfsarbeiter ohne Volksschulabschluss. Die Veränderungen, die ich in den vergangenen 20/30 Jahren durchlaufen habe, sind stärker als bei den meisten anderen Menschen. Bin ich also noch der, der ich damals war? »Ich bin es und ich bin es nicht!« (Auszug aus dem 14. Kapitel »Meiner Philosophie«.)


Zitate zum Ich

Adorno: »Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit, wenn sie Ich sagen.«

Martin Buber: »Der Mensch wird am Du zum Ich.«

René Descartes: »Ich denke also bin Ich.« – »Cogito ergo sum.«

Albert Einstein: »Der wahre Wert eines Menschen lässt sich daran messen, wie weit er sich von seinem Ich befreit hat.«

Hermann Hesse: »In Wirklichkeit aber ist kein Ich, auch nicht das naivste, eine Einheit, sondern eine höchst vielfältige Welt, ein kleiner Sternenhimmel, ein Chaos von Formen, Stufen und Zuständen, von Erbschaften und Möglichkeiten.«

Christian Morgenstern: »Das Ich ist die Spitze eines Kegels, dessen Boden das All ist.«

Schelling: »Also soll das endliche Ich streben, alles was in ihm möglich ist, wirklich [...] zu machen.«

Erwin Schrödinger: »Der Grund dafür, dass unser fühlendes wahrnehmendes und denkendes Ich in unserem naturwissenschaftlichen Weltbild nirgends auftritt, kann leicht in fünf Worten ausgedrückt werden: Es ist selbst dieses Weltbild. Es ist mit dem Ganzen identisch und kann deshalb nicht als ein Teil darin enthalten sein. [...] Bewusstsein gibt es seiner Natur nach nur in der Einzahl. Ich möchte sagen: die Gesamtzahl aller ›Bewusstheiten‹ ist immer bloß ›eins‹.«

Max Stirner: »Gott und die Menschheit haben ihre Sache auf Nichts gestellt, auf nichts als auf Sich. Stelle Ich denn meine Sache gleichfalls auf Mich, der Ich so gut wie Gott das Nichts von allem Andern, der Ich mein Alles, der Ich der Einzige bin.«

Kurt Tucholsky: »Man kann jeden daran erkennen, wie er das Wort ›ich‹ setzt. Manche sollten es lieber nicht setzen. Viele sagen auch noch niemals ›ich‹, sondern immer ›ich persönlich‹, wie ja denn niemand seine Persönlichkeit so betont, wie derjenige, der keine hat.«


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