Spinoza

Baruch de Spinoza (1632–1677) war ein in Amsterdam geborener Philosoph jüdischer Abstammung. Er sollte Rabbiner werden. Wurde aber im Alter von 23 Jahren auf Grund mündlicher Äußerungen wegen Ketzerei aus der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen.

Der wichtigste Grundzug der spinozistischen Philosophie ist der Pantheismus. Gott und Welt, Gedanken und Materie seien letztlich identisch. Weitere Grundzüge sind Rationalismus und Determinismus. Spinozas Auffassungen sind am besten zu verstehen als eine teilweise Übernahme von Gedanken Descartes und als in der Auseinandersetzung mit cartesischen Gedanken gebildeten eigene Vorstellungen. Insbesondere setzt er an Stelle des Dualismus Descartes den Monismus.

Von religiöser Seite wurde er verdammt. (Judentum, Katholiken, Protestanten.) Als erste in Deutschland haben  Lessing und  Jacobi Spinoza öffentlich gelobt. Goethe hat sich ausdrücklich zu ihm und seiner Philosophie bekannt. Hegel sagte, das philosophische System Spinozas könne als einziges (neben seinem eigenen natürlich) als wahr bezeichnet werden. [1]


Spinoza ausführlicher


Weitere Aspekte der Philosophie Spinozas

Spinozas Hauptwerk Ethik, in geometrischer Methode dargestellt ist nach Art eines mathematischen Werkes abgefasst. Axiome, Behauptungen, Lehrsätze, Beweise, Folgerungen usw. Es ist von daher nicht einfach zu lesen. Das Buch beschäftigt sich nicht nur mit dem, was heute unter Ethik verstanden wird.

Diese Darstellungsweise ist dadurch bedingt, dass Spinoza der Überzeugung war, wie in der Mathematik könne man auch in der Philosophie aus obersten Grundsätzen alle übrigen Aussagen  deduzieren.

Substanz: Der zentrale Begriff in der spinozistischen Philosophie ist die »Substanz«. Dieses Wort bedeutet bei Spinoza etwas anderes, als es heute in der Umgangssprache bedeutet. Es ist vom Wortursprung abgeleitet: Das Darunterstehende. Das Eine und Unendliche, das unter und hinter allen Dingen steht, das alles Sein in sich vereint. Die Substanz sei ewig, unendlich, aus sich selbst existierend. [Brahman]

Pantheismus: Am Anfang der Philosophie Spinozas steht die Gleichung:


Substanz = Gott = Natur


Identitätsphilosophie wird eine solche Auffassung auch genannt.

Bewegung: Die Natur sei aus sich selbst bewegt, denn Gott sei Kraft bzw. Energie.

Alles, was durch anderes bedingt ist, nennt Spinoza Modus. Das ist die Welt der Dinge.

Spinoza verwendet für die Natur im umfassenden Sinne den Begriff »natura naturans« und für die Natur als Inbegriff der endlichen Dinge »natura naturata«: Er hält sich aber nicht immer an diese Definitionen. Oft benutzt er für »natura naturans« »Gott« und für »natura naturata« »Natur«.

Absolute Summe aller Modi: Jedes endliche Ding sei immer nur durch andere endliche Dinge bedingt und nie unmittelbar durch Gott. Zwischen Gott und den einzelnen Dingen stehe als Mittlerinstanz die absolute Summe aller Modi.

Denken und Ausdehnung: Die unendliche Substanz oder Gott habe unendlich viele Attribute [woher weiß er das denn?], von denen wir zwei erkennen könnten: Denken und Ausdehnung (= Geist und Materie). Gott sei unendliche Ausdehnung und unendliches Denken. [2]

Monismus kontra Dualismus: Auch die Einzelwesen seien beides: Aus der Sicht des Denkens erschienen sie als Idee, aus der Sicht der Ausdehnung erschienen sie als Körper. Der Mensch bestehe nicht aus den zwei getrennten Substanzen Körper und Seele (wie die  Cartesianer behaupten), sondern beides seien zwei Seiten ein und des selben Wesens. (Parallelismus von Körper und Geist.)


Ungeschaffene Substanz: Gott
Dem Menschen bekannte Attribute dieser Substanz:
Ausdehnung
Grundmodi:
Gestalt, Bewegung
Denkung
Grundmodi:
Idee, Willensakt


[Zwischen der Substanz und den Attributen stehen bei  Descartes die geschaffenen Substanzen Materie und Geist, die unvermittelt nebeneinander stehen, bzw. nur durch das ununterbrochene Eingreifen Gottes (Okkasionalisten) vermittelt werden. Für Spinoza sind Ausdehnung und Denken Attribute der einen Substanz. So hat er die Schwierigkeiten des Dualismus, die die Cartesianer nur mit wirklich lächerlichen Künsteleien überwinden können. ( Zirbeldrüse) nicht. Die spinozistische Sicht setzt aber den Pantheismus voraus, also die Abkehr vom jüdisch/christlichen Gott. Diesen Absprung hat Spinoza geschafft. Descartes, Leibniz und viele andere ansonsten hochintelligente Leute haben diesen Absprung nicht geschafft und haben deshalb zwangsläufig allerlei unplausible Behauptungen aufgestellt.]

Einheit von Gott und Mensch: Eine menschliche Seele sei die Idee eines existierenden menschlichen Körpers im göttlichen Verstand, also keine Substanz, sondern nur ein Modus der Denkung.

[Und deshalb ist die menschliche Seele aus dieser Sicht auch vergänglich. Dies ist aber für den Menschen keine Katastrophe, da er ja nicht nur eine Idee Gottes ist, sondern auch dieser Gott selbst! So verstehe ich es jedenfalls. Der Mensch ist einerseits Gott und andererseits eine konkrete (vergängliche) Idee Gottes.]

Beseelung der Natur: Von allen existierenden Dingen gebe es Ideen im göttlichen Verstand. Allen Mineralien, Pflanzen, Tieren usw. seien Seelen zugeordnet, ansonsten gäbe es sie überhaupt nicht. Jeder Gestalt im Attribut der Ausdehnung entspreche notwendig eine Idee im Attribut der Denkung. Und wegen der zwischen den Attributen herrschenden Synchronie, werden die Seelen mit Notwendigkeit alles widerspiegeln, was ihren Körpern widerfahre.

[Ob es umgekehrt auch stimmt, dass also jeder Idee im Attribut der Denkung auch eine Gestalt im Attribut der Ausdehnung entsprechen muss, da habe ich meine Bedenken. Zum Beispiel der Idee der Mathematik, der Logik oder der Naturgesetze entspricht keine Gestalt im Attribut der Ausdehnung. Diese Ideen sagen etwas über die Funktionsweise der Gestalten im Attribut der Ausdehnung aus, haben selbst aber keine Gestalt.]

Begierde: Die Selbstbejahung der Idee des Körpers bzw. der Seele äußere sich in dem Streben im Sein zu verharren. Dieses Streben heiße Wille, wenn es sich nur auf die Seele beziehe und Trieb, wenn es sich auf Seele und Körper gleichermaßen beziehe. Bewusster Trieb heiße Begierde und Begierde sei der erste Grundaffekt. [Ich spreche hier von Bedürfnissen.]

Freude und Trauer: Jedes Einzelwesen versuche sein Dasein zu behaupten, dies liege in seiner Natur. Werde der Trieb zur Selbstbehauptung befriedigt, entstehe Freude, werde er gehemmt, entstehe Trauer. Von den beiden inneren Grundbefindlichkeiten Freude und Trauer leitet Spinoza im 3. Teil der Ethik alle weiteren Gefühle der Menschen ab.


Liebe ist Freude verbunden mit der Vorstellung einer äußeren Ursache.


Weitere Affekte: Hass sei Trauer verbunden mit der Vorstellung einer äußeren Ursache. [An dieser Stelle wird deutlich, dass bei Spinoza noch die  Dialektik fehlt. Alle menschlichen Gefühle auf zwei Grundgefühle zu reduzieren, wird der Wirklichkeit nicht gerecht. Das Entstehen neuer Qualitäten fehlt hier.]

Keine Willensfreiheit: Alles menschliche Handeln vollziehe sich mit Notwendigkeit und unbeirrbarer Folgerichtigkeit. Deshalb sei es auch möglich, Triebe und Leidenschaften mit kühler, mathematischer Sachlichkeit zu betrachten.

 Gut und Böse: Es gebe keine allgemeingültigen Begriffe des Guten und des Bösen. Was die Selbstbehauptung des Einzelnen fördere, nenne der Betreffende »gut«, was die Selbstbehauptung hemme »schlecht«. [Dies ist die beste Antwort auf das Problem der Theodizee, die ich kenne! Auch in diesem Punkt kann man Descartes und Leibniz getrost vergessen. Da Spinoza aber das Handeln aus den Leidenschaften heraus, nicht als der wahren Selbstbehauptung dienlich ansieht, versteht er unter gut und böse etwas anderes als die Menge!]

Gesetze: Dass es keine Willensfreiheit gebe, heiße aber nicht, dass es keinen Platz für Gebote und Befehle gebe. Das Böse, das aus bösen Taten folge, sei nicht weniger zu fürchten, weil es mit Notwendigkeit folge.

[Gesetze werden in einem deterministischen Weltbild natürlich nicht überflüssig, da sie ja zu Ursachen künftigen Verhaltens werden. Aber dass bestimmte Gesetze erlassen werden und andere nicht ist innerhalb eines deterministischen Weltbildes natürlich auch determiniert.]

Innere und äußere Natur: Unter »Knechtschaft des Menschen« versteht Spinoza menschliche Ohnmacht gegenüber leidenschaftlichen Affekten die auf äußeren Ursachen beruhen. Leidenschaften werde es für den Menschen solange geben, wie er Teil der Natur sei. Der Mensch könne aber lernen diese Leidenschaften zu überwinden und seiner inneren Natur nach zu handeln.

 Tugend sei nichts anderes als sein Streben nach Selbsterhaltung durchzusetzen. Unbedingt aus Tugend handeln sei dasselbe wie nach den Gesetzen der eigenen Natur handeln. Tugend sei dasselbe wie Macht. Soviel Macht einer habe, soviel Recht habe er auch. Das natürliche Recht sei nichts anderes als die Naturgesetze.

[Wie  Heraklit, die Sophisten, De Sade, Stirner und Nietzsche (um nur einige zu nennen). Mit einem modernen, humanistischen Rechtsverständnis lässt sich sowas natürlich nicht mehr vereinbaren.]

Rationalismus kontra Empirismus: Spinoza ist geprägt durch das rationalistische Zeitalter, das besonders auf dem europäischen Kontinent wirkte. (In England dominierte der Empirismus) Er misstraute den Sinnen und den Instinkten. Nur die Vernunft könne uns klare Erkenntnis und unbedingte Sicherheit vermitteln. Hieran gab es für Spinoza keinen Zweifel.

Nach Spinoza gibt es drei Erkenntnisarten:

  1. Die sinnliche/empirische Erkenntnisart liefere uns verworrenes und ungeordnetes Material. Sie allein sei Quelle von Irrtümern.
  2. Die rationale Erkenntnisart arbeite folgernd mit Allgemeinbegriffen. (Siehe  Aristoteles.)
  3. Die intuitive Erkenntnisart liefere uns Erkenntnisse in Bezug auf das Absolute, sub specie aeternitatis. Spinoza ist intuitiv von der Existenz Gottes überzeugt. [3]

Vernunftwesen: Der Mensch sei seiner Natur nach Vernunftwesen. Seiner Natur nach handle der Mensch, wenn sein Streben nach Nutzen unter der Leitung der Vernunft geschehe. Und da die Vernunft nach Erkenntnis strebe, sei »Einsicht [...] die erste und einzige Grundlage der Tugend.«

Leidenschaften: Der Mensch sei aber nicht nur ein Vernunftwesen, er werde weitgehend beherrscht von Instinkten, Trieben, Leidenschaften. Ein Affekt könne nur gehemmt oder aufgehoben werden durch einen anderen Affekt der entgegengesetzt und stärker sei.

Vernunft als leitende Instanz: Jede einzelne Leidenschaft strebe nach vollkommener Befriedigung ohne Rücksicht auf andere Leidenschaften und die Interessen der Gesamtperson. In der Leidenschaft sei der Mensch ganz dem Augenblick hingegeben und denke nicht an das Kommende. Als Motor des Lebens bräuchten wir die Trieb, die Vernunft müsse aber die verschiedenen Triebe koordinieren. Die Leidenschaften sollten durch das Licht der Vernunft im Interesse der Gesamtperson geordnet und geführt werden. ( Epikur)

Vernunft als Leidenschaft: Die Vernunft könne aber noch mehr: Sie könne selbst zur Leidenschaft, sogar zur stärksten Leidenschaft werden!


Die Vernunft kann die Leidenschaften überwinden, indem sie selbst zur Leidenschaft wird.


Freiheit und Notwendigkeit: Freiheit sei Einsicht in die Notwendigkeit. Was wir in seiner Notwendigkeit begriffen hätten, das würden wir verstehen und damit bejahen. Indem wir es bejahten, sei es zu etwas geworden, dem wir frei gegenüberstehen. [Wie bei Hegel. Mich überzeugt das nicht. Eine dialektische Sicht von Freiheit und Notwendigkeit mag praktikabel sein, aber als letzte Antwort ist sie unbefriedigend. Da ich nicht vom Denken auf das Sein schließe, ist für mich die Frage ob Willensfreiheit oder Determinismus nicht beantwortbar.]

Gottesliebe: Da alles, was notwendig sei, Gottes Wille sei, sei wachsende Erkenntnis und Bejahung des Notwendigen zugleich wachsende Liebe zu Gott. Diesen höchsten vom Menschen zu erreichenden Zustand nennt Spinoza »amor Dei intellektualis«. Er sei zugleich »amor fati«.

Die Seligkeit sei nicht der Lohn der Tugend, sondern die Tugend selbst sei die Seligkeit.

Staat: Die Menschen hätten einen Teil ihrer Macht und ihres Rechts abgegeben und dadurch Sicherheit gewonnen. Der Staat befinde sich aber weiterhin im Naturzustand und zwar sowohl nach außen, gegenüber anderen Staaten, als auch nach innen, gegenüber seinen Bürgern.

[Zu Spinozas Lebzeiten war das weitgehend so. Heutzutage ist die Macht des Staates über seine Bürger, bei den verschiedenen Staaten in unterschiedlichem Grade, durch Gesetze eingeschränkt. Nur der Naturzustand zwischen den Staaten besteht zu großen Teilen noch heute und wird leider nur im Schneckentempo abgebaut. (UNO, EU, Internationale Konferenzen, Völkerrecht etc.)]

Freiheit der Staatsbürger: Religiöse und wissenschaftliche Überzeugungen könnten aber nicht erzwungen werden. Versuche der Staat dies, überschreitet er seine Macht und damit sein Recht. Er mache sich nur lächerlich. Jede mögliche Freiheit zu gewähren sei von Seiten des Staates eine Frage der Klugheit.

Philosophie und Religion: »Das Ziel der Philosophie ist einzig und allein die Wahrheit, das Ziel des Glaubens einzig und allein Gehorsam und Frömmigkeit.« (Aus dem Theologisch-politisches Trakat.)


Zitate Spinozas

Die Aussagen Spinozas zeigen zum Teil für die damalige Zeit erstaunliche Einsichten in die menschliche Psyche, zum Teil vergröbern sie Bestandteile der Psyche, verkennen ihre eigene Art, durch Reduzierung von Bestandteilen auf andere Bestandteile oder Kombinationen anderer Bestandteile. Einige Äußerungen zeigen Gefühlskälte und nehmen den späten Nietzsche vorweg. Einige Aussagen über die physische Welt können vor dem Hintergrund von  Relativitätstheorie und  Quantenphysik heute als überholt angesehen werden.

»Die Begierde ist ein Trieb mit dem Bewusstsein desselben.«

»Denn die Bescheidenheit ist eine Art des Ehrgeizes.«

»Demut ist keine  Tugend, das heißt, sie entspringt nicht der Vernunft

»Das Denken ist ein Attribut Gottes, oder Gott ist ein denkendes Ding.«

»Jede Erscheinung beweist ihre Notwendigkeit durch ihr Dasein.«

»Der freie Mensch handelt niemals arglistig, sondern stets aufrichtig.« [Schön wär's!]

»Die menschliche Freiheit besteht lediglich darin, dass sich die Menschen ihres Wollens bewusst und der Ursachen, von denen sie bestimmt werden, unbewusst sind.«

»Es gibt im Geiste keinen absoluten oder freien Willen , sondern der Geist wird dieses oder jenes zu wollen von einer Ursache bestimmt, die auch wieder von einer anderen bestimmt worden ist, und diese wieder von einer anderen und so fort ins Unendliche.« [Dieser Determinismus ist seit der Entstehung der Quantenphysik umstritten.]

»Frieden ist nicht Abwesenheit von Krieg. Friede ist eine  Tugend, eine Geisteshaltung, eine Neigung zur Güte, Vertrauen und Gerechtigkeit.«

»Der menschliche Geist kann mit dem Körper nicht absolut zerstört werden, sondern es bleibt von ihm etwas übrig, das ewig ist.«

»Das höchste Gut des Geistes ist die Erkenntnis Gottes, und die höchste  Tugend des Geistes ist, Gott zu erkennen.«

»Es gibt nur Eine, alle Determination und Negation von sich ausschließende, unendliche Substanz, welche Gott genannt wird und das Eine Sein in allem Dasein ist.«

»Wir nennen das gut oder schlecht, was der Erhaltung unseres Seins nützt oder schadet.«

»Hass ist Trauer verbunden mit der Vorstellung einer äußeren Ursache.«

»Die Herzen aber werden nicht durch Waffen, sondern durch Liebe und Edelmut besiegt.«

»Das Unvermögen eines Menschen, seine Affekte zu zügeln und einzuschränken, nenne ich Knechtschaft

»Alle Körper sind entweder in Bewegung oder in Ruhe.« [Nach der  Relativitätstheorie sind sie beides zugleich. Das konnte Spinoza aber noch nicht wissen.]

»Liebe ist Freude verbunden mit der Vorstellung einer äußeren Ursache.«

»Jeder hat so viel Recht, wie er Macht hat.«

»Das Bestreben, sich zu erhalten, ist das eigentliche Wesen des Menschen

»Mitleid ist bei einem Menschen, der nach der Leitung der Vernunft lebt, an und für sich schlecht und unnütz.« [Aber! Im Unterschied zu Nietzsche sollte nach Auffassung Spinozas der Mensch aus Vernunft tuen, was der Mitleidige aus Gefühl tut.]

»Nichts geschieht in der Natur, was derselben als Schlechtigkeit zugerechnet werden kann.« [»Schlecht« setzt Wertung und damit einen Bewerter voraus. In der Natur passiert vieles, was mit Paradies überhaupt nichts zu tun hat.]

»Die Ordnung und Verknüpfung der Ideen ist dieselbe wie die Ordnung und Verknüpfung der Dinge.« [Das sieht Hegel auch so. Aber nicht alles, was in unserem Kopf ist, sind Ideen in diesem Sinne. Sonst würde das gar nicht stimmen. Umstritten ist es sowieso.]

»Das Ziel der Philosophie ist einzig und allein die Wahrheit, das Ziel des Glaubens einzig und allein Gehorsam und Frömmigkeit.«

»Ich weiß nicht, wie ich Philosophie lehren soll, ohne Störer hergebrachter Religion zu werden .«

»Reue ist keine  Tugend oder entspringt nicht aus der Vernunft, viel mehr ist der, welcher eine Tat bereut, doppelt elend oder unvermögend.« [Das sieht Nietzsche auch so.] »Reue nämlich ist Unlust, verbunden mit der Idee seiner selbst als Ursache.«

»Spott ist Lust, die daraus entspringt, dass wir uns vorstellen, es sei an einem Gegenstand, den wir hassen, etwas, das wir verachten.«

»Der höchste Stolz und der höchste Kleinmut ist die höchste Unkenntnis seiner selbst.«

»Über nichts denkt der freie Mensch weniger nach als über den Tod.« »seine Weisheit ist nicht ein Nachsinnen über den Tod, sondern über das Leben

»Die wahre  Tugend ist das Leben unter der Leitung der Vernunft

»Wer eine wahre Idee hat, weiß zugleich, dass er eine wahre Idee hat, und kann nicht an der Wahrheit der Sache zweifeln.« [Wie meine  unmittelbare Gewissheit. Aber Vorsicht! Viele »wahre Ideen« Spinozas sind keineswegs unumstritten. Einige aus heutiger Sicht schlicht falsch.]

»In Wirklichkeit aber sind Habsucht, Ehrsucht, Lüsternheit usw. Arten des Wahnsinns, obgleich sie nicht zu den Krankheiten gezählt werden.«

»Der Wille und der Verstand sind ein und dasselbe. «[Die Rationalität auf die Spitze getrieben.]

»Der freie Mensch, der unter Unwissenden lebt, sucht, soviel als möglich, ihren Wohltaten auszuweichen.« [Das mache ich auch so!]

»In der Natur der Dinge gibt es nichts Zufälliges, sondern alles ist aus der Notwendigkeit der göttlichen Natur bestimmt, auf gewisse Weise zu existieren und zu wirken.«

»Was wir Zufall nennen, ist der Zufluchtsort der Unwissenheit.«

»Der Zweifel entsteht immer daraus, dass man die Dinge nicht der Ordnung nach erforscht.« [Ein Skeptiker war er nicht.]


Kommentare anderer Philosophen zu Spinoza

Einstein: »Spinoza ist einer der tiefsten und reinsten Menschen, welche unser jüdisches Volk hervorgebracht hat.«

Goethe: »Die alles ausgleichende Ruhe Spinozas kontrastierte mit meinem alles aufregenden Streben [..] und [..] machte mich zu seinem leidenschaftlichen Schüler, zu seinem entschiedensten Verehrer.«


Kritik an Spinoza

Spinoza hat den Rationalismus verabsolutiert. Ein kritischer Rationalist war er noch nicht. (Und die Philosophie Kants konnte er noch nicht kennen.) Die Verabsolutierung der Kausalität teile ich nicht. Sehen Sie hierzu Willensfreiheit.

Ich schätze Spinoza außerordentlich für seinen Pantheismus. Dieser ist für mich aber letztendlich eine  Hypothese.

Ich habe den Eindruck, dass sich Spinoza einreiht in die Schar der Lustverächter. Sinnliche, körperliche Bedürfnisse werden als minderwertig oder unwahre Bedürfnisse angesehen. Der Mensch wird primär als Vernunft angesehen und von daher ist vernünftiges Handeln das Oberste. Folgerichtig ist dies allerdings, da der Mensch ja seinem innersten Wesen nach eine Idee im göttlichen Verstand ist. Die Natur und das Gefühl kommt hier zu kurz. Spinoza sieht schon, dass es das gibt, wertet es aber ab.

Überbewertung oder Glorifizierung des Egoismus: Spinoza hat es nicht für möglich und damit auch nicht für erstrebenswert erachtet, dass der Mensch seinen natürlichen Egoismus überwindet. Der Gedanke, ein Mensch könne sich für einen anderen Menschen aufopfern, erschien ihm absurd. Damit hat er aber eine menschliche Eigenschaft übersehen, die es neben dem Egoismus eben auch gibt, nämlich das Gemeinschaftsgefühl und was daraus entstehen kann. In seiner Vereinsamuing lag wohl ein Grund dafür. »Dass jeder sich liebe, seinen Nutzen, soweit er wahrhafter Natur ist, suche und alles, was ihn zu einer größeren Vollkommenheit führt, erstrebt; überhaupt sein Sein, soviel er vermag, zu erhalten sucht: dies ist sicherlich so wahr wie der Satz, dass das Ganze größer ist als der Teil.« (Zitiert nach Störig, S. 327.)


Literatur und Sekundärliteratur

Literatur:

Sekundärliteratur:


Anmerkungen

Anm. 1: Eine Zusammenstellung von Beschimpfungen und Belobigungen gibt Weischedel. – Zurück zum Text

Anm. 2: [Im Im dtv-Atlas Philosophie wird Spinoza mit den Worten zitiert: »Wenn es aber Leute gibt, die meinen, dass Gott und Natur (worunter sie eine Masse oder eine körperliche Materie verstehen) eines und dasselbe seien, so sind sie ganz und gar im Irrtum.« Wenn man diesen Satz nun als Absage an den Pantheismus auffasst, dann widerspricht dies anderen Äußerungen Spinozas. Ich verstehe den Satz so, dass Gott sich nicht in dem erschöpft, was wir als materielle Natur erleben. Gott ist auch noch Bewusstsein und Gott ist darüberhinaus (nach Spinoza) in unendlich weiteren Attributen existent, die wir nicht kennen. Auch  Hegel hat sich vom Pantheismus abgegrenzt. Aber dies war entweder Taktik oder Blindheit des Subjekts für sich selbst, bzw. für seine Schöpfungen.] Zurück zum Text

Anm. 3: Spinoza hat sich – im Gegensatz zu vielen Beschimpfungen – selbst also nicht etwa als Atheisten gesehen. [Allerdings gibt es bei ihm das gleiche Problem wie bei  Anselm. Wenn man Gott mit dem Sein gleichsetzt, wird der Begriff so weit, dass die Gefahr besteht, am Ende nur noch ein Wort zu retten, aber nicht, was ursprünglich mal mit diesem Wort verbunden war.] Zurück zum Text


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