Was Bewusstsein ist, kann man sich am Besten an Hand unangenehmer Situationen klarmachen. Wenn ich Schmerzen habe, dann erlebe ich diese bewusst. Unbewusste Schmerzen gibt es nicht. Es können in einem Körper schädliche, diesen Körper zerstörende oder schädigende physiologische Prozesse ablaufen. Aber das sind keine Schmerzen. Schmerz bedeutet immer, dass ein Subjekt sie bewusst erlebt, unter ihnen leidet. Ebenso ist es mit positiven Empfindungen. Freude ist immer etwas bewusst erlebtes. Es gibt keine unbewusste Freude. Bewusstsein ist eine Sammelbezeichnung für unsere Wahrnehmungen, Gefühle, Gedanken, Vorstellungen, Bedürfnisse, Gewolltem etc. soweit sie uns bewusst sind.
So wie man einen Körper hat, zugleich aber auch dieser Körper ist, so hat man Bewusstsein und ist zugleich dieses Bewusstsein.
Es gibt verschiedene Bewusstseinsqualitäten. Es gibt dumpfen, dunklen Schmerz, z. B. wenn er durch starke Medikamente gedrosselt wird. Traumbewusstsein ist gegenüber Wachbewusstsein dumpfer, wenig klar. Ebenso wie durch Drogen z. B. Alkohol getrübtes Bewusstsein. (Es soll auch Drogen geben, die bewusstseinssteigernd sind. Da sollte man sehr vorsichtig mit umgehen!) Auch das Bewusstsein unterschiedlich hochentwickelter Wesen ist qualitativ verschieden. Z. B. Tier Mensch, Kind Erwachsener, Gebildeter oder ungebildeter Mensch etc. (Hier kommt es zu einem Umschlag quantitativer in qualitativer Veränderungen.) Doch gerade wenn es um unterschiedliche Qualitäten von Bewusstsein geht, sind die Grenzen zu Begriffen wie Geist, Gefühl, Intelligenz, Verstand, Vernunft etc. fließend.
Neben der Bedeutung »bewusstes Sein«, bedeutet Bewusstsein in der Philosophie auch häufig die Summe der Meinungen, des Glaubens, der Theorien etc., die ein Mensch hat. Dogmatiker sprechen dann davon, dass andere Menschen »ein falsches Bewusstsein haben». Mit anderen Worten: Sie haben andere Überzeugungen, Weltanschauungen.
Ein Wesen kann Bewusstsein haben, bzw. sein, ohne sich bereits seines Bewusstseins bewusst zu sein. Sich seines Bewusstseins bewusst zu sein ist eine höhere Form von Bewusstsein. In diesem Falle spricht man in der Philosophie von Selbstbewusstsein. (Umgangssprachlich hat dieser Begriff eine andere Bedeutung. Dort bedeutet er eher Selbstsicherheit.)
Es gibt in vielen Philosophien und Religionen die Vorstellung (die in den Details allerdings wieder variieren), dass es ein Weltbewusstsein gibt, innerhalb dessen sich alles abspielt. Materie sei nur eine spezifische Bewusstseinsform. Die individuellen Einzelbewusstseins seien vorübergehende Komplexe von Inhalten des Weltbewusstseins, die eine besondere Verbindung zueinander und eine besondere Abgrenzung zu anderen Inhalten des Weltbewusstseins haben.
Der Begriff »Bewusstsein« ist ein zentraler Begriff der Philosophie, wird vielfältig genutzt, Bewusstsein unterschiedlich beschrieben, verschiedene Ursachen des Bewusstseins genannt.
Bewusstsein ist ein Begriff der neuzeitlichen Philosophie. (In der Antike und im Mittelalter sprach man in diesem Zusammenhang von Geist.) Das lateinische Wort conscientia bedeutete Bewusstsein und Gewissen. Für Descartes, dem Begründer der neuzeitlichen Philosophie und der neuzeitlichen Bewusstseins- oder Subjektphilosophie, der seine Philosophie noch in Latein darlegte, bedeutete dieses Wort nur noch Bewusstsein. So wurde dann conscientia von Wolff mit Bewusstsein übersetzt.
Wenn ich mich auf das konzentriere, was ich unmittelbar erlebe, dann bemerke ich, dass ich mich unmittelbar als Körper und Bewusstsein erlebe. Wie das Verhältnis dieser beiden Erscheinungen ist, z. B. ob eine dieser Erscheinungen Ursache der anderen, ist eines der ältesten Fragen der Philosophie, bekannt als Leib-Seele-Problem. Sehen Sie näheres dazu im philolex-Beitrag Idealismus, Materialismus, Dualismus, Agnostizismus.
Einige Philosophen behaupten, dass es nur Bewusstsein gibt. Erscheinungen, die wir mit Begriffen wie Körper oder Materie belegen, seien nur spezifische Bewusstseinsformen. (Z. B. Berkeley: »Esse est percipi«) Andererseits gibt es Philosophen, die faktisch das Bewusstsein eliminieren. (Z. B. Gilbert Ryle.) Einige Philosophen leiten das Bewusstsein aus dem Sein ab. (»Das Sein bestimmt das Bewusstsein« Marx) Andere Philosophen leiten das Sein aus dem Bewusstsein ab. (Alle idealistischen Philosophen.)
Kant unterschied zwischen dem Bewusstsein aller Einzelvorstellungen, dem empirischen Bewusstsein und dem Bewusstsein überhaupt, dem transzendentalen Bewusstsein, das allen konkreten Erfahrungen vorausginge. Damit die Einzelvorstellungen verbunden werden könnten, bedürfe es eines solchen übergeordnetem Bewusstseins.
In der Phänomenologie wurde dieses transzendentale Bewusstsein dann zum obersten Prinzip, zur obersten Instanz, in der sich erst die Wirklichkeit konstituieren könne.
Nach Brentano, Husserl und Heidegger ist Bewusstsein immer intentional, auf etwas gerichtet, ist Bewusstsein von etwas.
Nach einigen psychologischen und philosophischen Theorien gibt es unter oder neben dem Bewusstsein das Unbewusste und/oder Unterbewusste.
So unbezweifelbar die Existenz meines Bewusstsein ist, in dem Moment wo ich es erlebe bzw. mich als Bewusstsein erlebe, so unerreichbar ist für mich das Bewusstsein des Anderen. Daraus ergibt sich das Problem des Solipsismus.
Friedrich Heinrich Jacobi: »Vernunft ist das Bewusstsein des Geistes.«
C.G. Jung: »Alle Inhalte des Bewusstseins sind einmal subliminal gewesen oder können wieder subliminal werden und bilden so einen Teil der psychischen Sphäre, die wir das Unbewusste nennen.«
Krishnamurti: »Der Inhalt des Bewusstseins ist Bewusstsein.«
Ramana Maharshi: »Das Selbst ist die eigenschaftslose reine Wirklichkeit, in deren Licht Körper und Ego aufleuchten. Wenn alle Gedanken zur Ruhe gekommen sind, bleibt das reine Bewusstsein zurück.« [Psychologischer Substanzialismus.]
Thomas Metzinger: »Das Problem des Bewusstseins bildet heute vielleicht zusammen mit der Frage nach der Entstehung unseres Universums die äußerste Grenze des menschlichen Strebens nach Erkenntnis.«
Thomas Mann : »Zum Bewusstsein kommen heißt: ein Gewissen bekommen, heißt wissen, was gut und böse ist.« [Bewusstsein wird hier mit ethischen Bewusstsein gleichgesetzt, bzw. darauf reduziert.]
Marx und Engels: »Das Sein bestimmt das Bewusstsein.« »Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.« »Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen, Ideen pp., aber die wirklichen, wirkenden Menschen, wie sie bedingt sind durch eine bestimmte Entwicklung ihrer Produktivkräfte und des denselben entsprechenden Verkehrs bis zu seinen weitesten Formationen hinauf. Das Bewusstsein kann nie etwas andres sein als das bewusste Sein, und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozess.«
Nietzsche: »Die vollendet gedachte Historie wäre kosmisches Selbstbewusstsein.« [Genau das nahm Hegel von seiner Philosophie an!]
Arthur Schopenhauer: »Jeder steckt in seinem Bewusstsein wie in seiner Haut und lebt unmittelbar nur in demselben.«
Erwin Schrödinger: »Bewusstsein gibt es seiner Natur nach nur in der Einzahl. Ich möchte sagen: die Gesamtzahl aller ›Bewusstheiten‹ ist immer bloß ›eins‹.«
Leo Tolstoi: »Die Vernunft drückt das Gesetz der Notwendigkeit aus, das Bewusstsein das Wesen der Freiheit.«