Empfindung


Empfindung

Empfindung ist ein sowohl in der Umgangssprache wie in der Philosophie mehrdeutig verwendeter Begriff. Empfindung wird im engeren Sinne mit Gefühl gleichgesetzt, im weiteren Sinne kann es weitere und auch alle Inhalte des Bewusstseins umfassen.

Empfindung (von althochdeutsch »intfindan«) bedeutet vom Wortursprung her »etwas in sich finden«. Man findet außerhalb von sich die Welt, die man im vorkritischen Stadium als etwas objektives ansieht, etwas, das so auch da wäre, wenn man selbst und kein anderes wahrnehmendes und vorstellendes Wesen da wäre. Und man findet in sich die Gefühle, die Gedanken, den Willen u. w. [1]

Empfinden wird von Wahrnehmung häufig so unterschieden, dass beim Empfinden noch nicht wie bei der Wahrnehmung auch der Verstand schon beteiligt ist.

Empfinden wird von Gefühl häufig so unterschieden, dass beim Empfinden noch nicht wie beim Gefühl positive oder negative Wertungen vorhanden sind.

Empfinden wird auch im ästhetischen Sinne als Geschmack betrachtet. Wir empfinden etwas als schön, als angenehm oder auch nicht.

Über die Ursache von Empfindungen gibt es unterschiedliche Auffassungen. Es gibt Philosophen, für die sind Empfindungen etwas subjektives, vom Subjekt selbst hervorgebrachtes. (Z. B. für die  Subjektiven Idealisten.) Für andere Philosophen werden sie von äußeren objektiv existierenden Gegenständen hervorgerufen. (Z. B. für die  Materialisten.) Für die Empiristen sind Empfindungen der einzige verlässlichen Ausgangspunkt für Erkenntnis.

Für  Descartes wurden die Empfindungen durch die real existierende Körperwelt hervorgerufen. Für Kant standen hinter den Empfindungen die  Dinge an Sich.


Zitate zu Empfindung

Matthias Claudius: »Es gibt Gedanken und Empfindungen, die auf fettem Boden nicht wachsen.«

Marie von Ebner-Eschenbach: »Nicht was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.«

Goethe: »Es ist eine falsche Nachgiebigkeit gegen die Menge, wenn man ihnen die Empfindungen erregt, die sie haben wollen, und nicht, die sie haben sollen.«

Franz Grillparzer: »Die Empfindungen sind die Vokale, die Gedanken die Konsonanten der Sprache des Innern.«

Kant: »Unsere innere Empfindung und die darauf gegründeten Urteile des Vernunftähnlichen führen, solange sie unverderbt sind, eben dahin, wo die Vernunft hinleiten würde, wenn sie erleuchteter und ausgebreiteter wäre.«

Georg Christoph Lichtenberg: »Starke Empfindung, deren sich so viele rühmen, ist nur allzuoft die Folge eines Verfalls der Verstandeskräfte.«

Nietzsche: »Man muss lieben lernen, gütig sein lernen, und dies von Jugend auf; wenn Erziehung und Zufall uns keine Gelegenheit zur Übung dieser Empfindung geben, so wird unsere Seele trocken und selbst zum Verständnis jener zarten Empfindungen liebevoller Menschen ungeeignet.« [Der späte Nietzsche hatte eine trockne Seele. Von der hier geäußerten Einsicht keine Spur mehr.]

Marcel Proust: »Was wir die Wirklichkeit nennen, ist eine bestimmte Beziehung zwischen Empfindungen und Erinnerungen

Schiller: »Auch ist nicht zu leugnen, dass die Empfindung der meisten Menschen richtiger ist als ihr Räsonnement. Erst mit der Reflektion fängt der Irrtum an.«

Friedrich Schlegel: »Immer gleich zu reagieren ist das Kennzeichen der Schwäche. Jenes innere Crescendo der Empfindungen ist die Eigenheit energischer Naturen.«

Oscar Wilde: »Ungewißheit allein ist die Quelle romantischer Empfindung.«

Lateinische Lebensweisheit: »Der Unglückliche empfindet Lachen bereits als Kränkung.«


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Anmerkungen

Anm. 1: Als ich in den Jahren 1985 bis 87 Meine Philosophie entwickelte, da hatte ich zu Beginn das Wort »empfinden« zum Universalverb gemacht. Mir war klar geworden, wie unsicher alles ist, was ich bis dahin für richtig gehalten hatte und glaubte nur noch das sicher zu wissen, was ich unmittelbar empfinde. Im weiteren Verlauf meines Philosophierens wurde mir dann aber klar, dass ich die äußere Welt unmittelbar außerhalb von mir, außerhalb meines Kopfes, außerhalb meines Geistes vorfinde. Ich finde sie vor mir, nicht in mir. Deshalb verwarf ich »empfinden« als Universalverb und wählte hierfür das Wort »erleben«. – Zurück zum Text


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