Welt


Welt – Vieldeutiger Begriff

Nicht einheitlich gebrauchter Begriff. Bedeutungen:


Welt in der Philosophie

Begriffe, die in der Philosophie mit Welt oft synonym verwendet werden sind: Wirklichkeit, Realität, Sein. Über diese Dinge hat natürlich jeder Philosoph nachgedacht, jede philosophische Richtung hat da ihre speziellen Vorstellungen. Ich beschränke mich hier auf die für die aktuelle Diskussion wichtigsten.

Eine oft diskutierte Frage ist, ob die Welt primär geistig oder primär materiell ist. Sehen Sie hierzu Grundfrage der Philosophie.

Eine weitere viel diskutierte Frage ist, ob wir die Welt bzw. ihre verschiedenen Bestandteile mit unseren Sinnen (Wahrnehmung, Empirismus, Abbildtheorie) und/oder unserem Verstand (Vernunft, Denken) ganz oder teilweise erkennen können, oder ob uns eine Erkenntnis der Welt ganz oder teilweise unmöglich ist. (Skeptizismus)

Es wird auch darüber diskutiert, ob die Welt überhaupt eine von unseren geistige Aktivitäten unabhängige Existenz hat. ( Subjektiver Idealismus, Konstruktivismus)

Unterschieden wird zwischen der »Lebenswelt«, der Welt des Menschen, wie sie ihm in Wahrnehmungen, Gefühle Gedanken, Vorstellungen, Willen etc. pp. gegeben ist und der natürlichen Welt, sowie der Welt, die wir uns durch wissenschaftliche Theorien erschlossen haben.


Verschiedene Philosophen zu Welt

Platon unterschied zwischen der (wahren) Welt der  Ideen und der unwahren Welt der Schatten, der (materiellen) Dinge.

Für die Christen ist die Welt eine endlich Schöpfung des unendlichen Gottes. Zwischen Gott und Welt wird oft ein Gegensatz gesehen.

Anders der christliche Mystiker  Meister Eckhart. Er sagte, wer all die Welt nähme mit Gott, der hätte nicht mehr, denn ob er Gott alleine hätte. Das ist Pantheismus, wenn Gott und Welt identisch sind, oder Panentheismus, wenn die Welt Gott ist, aber Gott mehr als die Welt.

 Descartes: spaltete die Welt in eine »erkennende Substanz« (innere geistige Welt, Denken, Ich, Subjekt) und eine »ausgedehnte Substanz«. (Außenwelt, Objekt, materielle Dinge.) Dieser  Dualismus hat das Problem, wie die beiden Substanzen aufeinander wirken können.

Dieses dualistische Problem umgeht  Spinoza mit seiner  monistischen Position. Für ihn sind die beiden Substanzen Descartes Attribute einer Substanz, die er mit Welt, Natur und Gott gleichsetzt. (Pantheismus oder Panentheismus.)

 Kant unterschied zwischen der Welt unserer Erfahrung und der Welt der  Dinge an sich. Über letztere könnten wir kein Wissen haben. Erstere entstehe durch ein Zusammenspiel von  Denken und Wahrnehmen. Letztendlich sei Welt eine  regulative Idee. Unsere Vernunft habe das Bedürfnis alle Erscheinungen als Teil einer  einheitlichen Ganzheit, der Welt anzusehen.

Für  Fichte setzt das Ich in einem vorbewussten Stadion sein eigenes Sein. Und da das Ich seinem innersten Wesen nach Tätigkeit sei, setze es sich, ebenfalls unbewusst, ein Nicht-Ich, die Welt, als Schranke, als Widerstand entgegen, um an etwas tätig sein zu können.

Im 19. Jahrhundert begannen Philosophen damit, die Welt nicht auf die Natur zu reduzieren, sondern auch die menschliche Geschichte und Gesellschaft als Teile der Welt anzusehen.

Für  Husserl geht die Welt aus dem Bewusstsein hervor und dahinter stehe ein »transzendentales Ich«.

Für  Heidegger ist das »In-der-Welt-sein« konstitutiv für das (menschliches) Dasein.

Die Welt ist für die Physik des 20. Jahrhunderts mit  Relativitätstheorie und  Quantenmechanik eine andere Welt, als die Welt der Physik des 19. Jahrhunderts mit der  newtonschen Physik. [Ich werde allerdings den Eindruck nicht los – auch gerade bei Diskussionen in Internet-Foren –, dass einige Anhänger  materialistischer Positionen das nicht genügend berücksichtigen.]

Karl Popper hielt es für einen Skandal, dass, während die Welt um uns herum zu Grunde geht, die Philosophen darüber streiten, ob es die Welt überhaupt gibt.


Die Welt ist nach oben offen: Für Hoimar von Ditfurth als Vertreter der Evolutionären Erkenntnistheorie ist die Welt vielmehr, als wir von ihr wissen (können).

»Vor allem aber möchte ich unterstreichen, dass mein Argument – die Erschließung neuer Welthorizonte im Falle einer evolutiven Weiterentwicklung über die bis heute biologisch verwirklichten kognitiven Funktionen hinaus – prinzipiellen Charakter hat: Es gilt völlig unabhängig von der Frage, ob es dazu auf diesem Planeten kommen wird. Wenn, das ist alles, was ich behaupte, uns haushoch überlegene Lebensformen die Welt betrachteten, dann würden sie mit ihren den unsrigen so weit überlegenen Erkenntnisapparaten jenseits der Grenzen des uns zugänglichen Weltbildes gewiss nicht auf lauter weiße Flecken stoßen, sondern auf Eigenschaften der objektiven Realität, die für uns unwahrnehmbar, unvorstellbar und unausdenkbar sind. Die Welt ist oberhalb der von uns erreichten Stufe der Erkenntnis nicht zu Ende. Sie ist nach oben offen. Die gegenteilige Annahme wäre Ausdruck anthropozentrischer Vermessenheit reinsten Wassers, vergleichbar nur mit dem jahrtausendelang die Köpfe der Menschen beherrschenden Wahn, sie befänden sich mit ihrer Erde im Mittelpunkt des ganzen Weltalls.«



Zitate zu Welt

Marc Aurel: »Alles ist wie durch ein heiliges Band miteinander verflochten! Nahezu nichts ist fremd. Eines schließt sich ja dem anderen an und schmückt, mit ihm vereinigt, dieselbe Welt. Aus allem zusammen ist eine Welt vorhanden, ein Gott, alles durchdringend, ein Körperstoff, ein Gesetz, eine Vernunft, allen vernünftigen Wesen gemein, und eine Wahrheit, sofern es auch eine Vollkommenheit für all diese verwandten, derselben Vernunft teilhaftigen Wesen gibt.«

Wilhelm Busch: »Ach, die Welt ist so geräumig, // Und der Kopf ist so beschränkt.« »Die Welt, obgleich sie wunderlich, // Ist mehr als gut genug für mich.«

Wilhelm Dilthey: »Die Urzelle der geschichtlichen Welt ist das Erlebnis

Dschalal ad-Din Rumi: »Die Welt ist ein Berg, und alles, was man je von ihr zurückbekommt, ist der Widerhall der eigenen Stimme.«

Carl Einstein : »Die Welt ist das Mittel zum Denken. Es handelt sich nicht um Erkennen, das ist eine phantastische Tautologie.« [Die Erkenntnis ist die Welt.]

Ralph Waldo Emerson: »Die Welt ist materialisierter Geist.« »Dem gehört die Welt, der ihren Anspruch durchschauen kann.«

Gustave Flaubert: »Wie leer ist die Welt für den, der sie einsam durchwandert!«

Erving Goffman: »Die ganze Welt ist wie eine Bühne, wir stolzieren und ärgern uns ja ein Stündchen auf ihr herum, und dann ist unsere Zeit um.«

Maksim Gorki: »Die Wissenschaft ist der Verstand der Welt, die Kunst ihre Seele

Heraklit: »Diese Welt hat kein Gott und kein Mensch erschaffen, sondern sie war immer und ist und wird sein ein ewig lebendiges Feuer, nach Maßen erglimmend und nach Maßen erlöschend.«

Franz Kafka: »Das eigentlich charakteristische dieser Welt ist ihre Vergänglichkeit

Martin Luther: »Die Welt hat nicht einen solchen Ekel an mir, als mein Ekel an dieser Welt ist.«

Marshall McLuhan: »Die neue elektronische Interdependenz formt die Welt zu einem globalen Dorf.«

Nietzsche: »Diese Welt: Ein Ungeheuer an Kraft [...] Diese Welt ist der Wille zur Macht – und nichts außerdem!«  Der ganze Aphorismus

Roger Penrose: »Das wahre Wesen dieser Welt können wir gegenwärtig nicht einmal erahnen.«

Marcel Proust: »Die Erschaffung der Welt hat nicht ein für allemal stattgefunden [...], sie findet unabwendbar alle Tage wieder statt.«

William Shakespeare: »Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloß Spieler.«

Arthur Schopenhauer: »Alles, was irgend zur Welt gehört und gehören kann, ist unausweichbar mit diesem Bedingtsein durch das Subjekt behaftet und ist nur für das Subjekt da. Die Welt ist Vorstellung

Jakob Johann von Uexküll: »Alle Wirklichkeit ist subjektive Erscheinung – dies muss die große grundlegende Erkenntnis auch der Biologie bilden. Ganz umsonst wird man die gesamte Welt durchstöbern nach Ursachen, die unabhängig vom Subjekt sind, immer wird man auf Gegenstände stoßen, die ihren Aufbau dem Subjekt verdanken.« ( Strukturalismus) »Das Geheimnis der Welt ist nicht hinter den Objekten, sondern hinter den Subjekten zu suchen. (Konstruktivismus)

Oscar Wilde: »Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert


Von mir selbst: »Viele tragen die Bretter vor'm Kopf, die ihnen die Welt bedeuten.«


Werbespruch der Kaffeefirma Tchibo: »Jede Woche eine neue Welt.« [So wie wir mit der Welt umgehen, werden wohl bald jede Woche eine neue brauchen.]

Mundus vult decipi! (Römische Volksweisheit.)



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Anmerkungen

Anm. 1: In anthropozentrischer Vermessenheit reden wir von »Weltmeister«, wenn es eigentlich »Erdmeister« heißen müsste. Irgendwo im Universum sind vielleicht aus Tausendfüßlern intelligente Wesen entstanden. Bei denen ist Fußball ein Individualsport. Einer allein von denen würde Bayern München austricksen. – (Vorsicht Humor: Allerdings kann das auch seine Nachteile haben. Da hat neulich ein Tausendfüßler Selbstmord begangen. Seine Kinder brauchten Schuhe. ;-) Zurück zum Text

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