Biologie

Wissenschaft von den lebendigen Dingen (Menschen, Tieren, Pflanzen), von den Gesetzmäßigkeiten und den Abläufen in der lebendigen Natur. (Ich unterscheide die Begriffe »biologisch« und »biotisch«. [1]

Bis ins 19. Jahrhundert hinein ging Wissenschaft und Philosophie von der Unveränderlichkeit der Natur aus. Pflanzen, Tiere und Menschen seien so, wie sie vorgefunden werden, irgendwann geschaffen worden oder entstanden. Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelten sich verschiedene Theorien über die Veränderung der Naturwesen. Die mit Abstand wichtigste ist die  Evolutionstheorie Darwins.

Nach schweren Rückzugsgefechten besonders von religiöser Seite – die in einigen Gegenden der Welt noch heute andauern – ist in der zivilisierten Welt der Entwicklungsgedanke in der Biologie allgemein akzeptiert. (Der Streit geht heute darum, wie und warum diese Evolution stattfand. [2])

Die Erkenntnis von der Veränderbarkeit der Lebewesen und damit auch der Menschen hat Auswirkung auf die Philosophie. Der Gedanke von einer konstanten Wesensheit des Menschen und seiner exklusiven Rolle in der Welt wurde weitgehend aufgegeben. (Außer von einigen religiösen Gruppen und leider auch von einigen Philosophen bzw. deren Anhänger. [3]) [Nur wenige Wissenschaftler und Philosophen ziehen daraus allerdings den Schluss, den Menschen als eine Durchgangsphase der Evolution anzusehen oder gar die aktive Selbstevolution zu propagieren. [4]

Die moderne Biologie sieht Evolution als einen Prozess von Zufall und Notwendigkeit (Mutation und Selektion) ohne durchgehende Determination und ohne Finalität. [5] Man spricht von der Selbstorganisation der Materie und Riedl von der »poststabilisierten Harmonie«. (In Anspielung auf  Leibniz' »prästabilisierter Harmonie«.)

Große Bedeutung hat die Biologie und die  Evolutionstheorie für die Evolutionäre Erkenntnistheorie. Unsere Erkenntnismöglichkeiten hätten sich aus einfachsten Anfängen zu immer komplexeren Apparaten oder Strukturen entwickelt und zwar immer in Bezug auf die Umwelt. Die apriorischen Formen  Kants seien das Ergebnis von Evolution.

Gegenwärtig vergeht fast kein Tag mehr, an dem Genforscher nicht neue Erkenntnisse veröffentlichen, über die Bedeutung bestimmter Genkonstellationen als Präferierung für bestimmte Verhaltensweisen, Krankheiten etc. [Trotzdem unterschätzen oder ignorieren viele Philosophen und Sozialwissenschaftler die Rolle, die die Natur des Menschen für sein Fühlen und Verhalten haben kann. (Sehen Sie hierzu auch Biologismus.) Diese Biologiefeindlichkeit führt zu einem verkehrten Menschenbild und in der Folge oft auch zu politischen, gesellschaftlichen und individuellen Strategien, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind.]


Weitere philolex-Beiträge, in denen die Beziehung zwischen Philosophie und Biologie betrachtet wird, sind u. a.:



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Anmerkungen

Anm. 1: Die Begriffe »biologisch« und »biotisch« werden in der Regel synonym verwendet, biotisch allerdings sehr selten, jedenfalls in den mir bekannten Texten. Bei Hoimar von Ditfurth habe ich das Wort des Öfteren gelesen. Sie bedeuten aber eigentlich nicht das Selbe, sowenig wie »psychologisch« und »psychisch«. Deshalb unterscheide ich diese Begriffe, obwohl ich im Großen und Ganzen mit  Popper der Auffassung bin, dass man Wörter nicht auf die Goldwaage legen sollte und die Präzision einer Sprache gerade davon abhängt, dass sie ihre Begriffe nicht mit der Aufgabe belastet, präzise zu sein. Das sollte man aber nicht als Entschuldigung benutzen, sich ungenauer auszudrücken als möglich. Biologische Probleme sind eigentlich Probleme der Biologie, also der Wissenschaft vom Leben, so wie psychologische Probleme Probleme der Psychologie sind, der Wissenschaft von der Psyche. Biotische Probleme sind dagegen Probleme des Lebens, oder von Lebewesen, so wie psychische Probleme Probleme psychischer Wesen sind. Die biotische Evolution ist die Evolution des Lebens, die Evolution auf der Ebene der Zellen, so wie die »abiotisch« Evolution die der biotischen Evolution vorausgehende Evolution auf molekularer und atomarer bzw. subatomarer Ebene ist. Die »biologische Evolution« ist eigentlich die Evolution der Biologie. Merkwürdiger Weise wird auch in wissenschaftlicher Literatur häufig das Wort biologisch verwendet, wo biotisch angemessen wäre. Ich habe mich entschlossen im Interesse der Genauigkeit der Aussage diese beiden Begriffe zu unterscheiden. Deshalb steht in meinen Texten häufig »biotisch«, wo bei andere Autoren »biologisch« stehen würde. Statt »biologisch« schreibe ich auch »natürlich«, wo es um die Natur und nicht um die Wissenschaft von der Natur geht. Zurück zum Text

Anm. 2: Ich höre des Öfteren in Diskussionen die Behauptung, auch unter Biologen sei es umstritten, ob es eine Evolution der Lebewesen gegeben habe. Ich möchte dazu einen Vergleich vortragen, den ich bei Hoimar von Ditfurth gelesen habe. Es gibt unter  evangelischen Pfarrern vereinzelt welche, die sich als Atheisten bezeichnen. Würde man aber deshalb sagen: Auch in der Kirche ist die Existenz Gottes umstritten, dann gäbe das eine falsches Bild wieder. Unter den hundertausenden von Biologen auf der Erde, gibt es vereinzelt welche, die die Evolution in Frage stellen. Die sind aber für ihre Berufsgruppe so wenig repräsentativ, wie die Atheisten für die Geistlichen. Zurück zum Text

Anm. 3: Die Auffassung Heideggers,  der Mensch sei der Hirte des Seins, ist vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaft absurd und lächerlich, was allerdings eingefleischte Heidegger-Fans nicht davon abhält, weiterhin dieser Auffassung zu sein, bzw. versuchen, diesen Satz so zu interpretieren, dass er trotz Evolutionstheorie etc. vertretbar bleibt. Zurück zum Text

Anm. 4: Wenn ein bekannter Autor oder ein Hochschullehrer öffentlich Auffassungen vertreten würde, wie ich in meinem Aufsatz Über die Notwendigkeit der Entstehung höherer Arten, dann würde er sich um seinen Ruf und seine Arbeitsmöglichkeit bringen. So ist es jedenfalls z. Z. noch. Hoffentlich ändert sich dies im Laufe der nächsten Jahrzehnte. Zurück zum Text

Anm. 5: [Nach der vorherrschenden Lehrmeinung wirken die Umweltfaktoren nur selektierend, nicht gestaltend. Die Entstehung immer komplexerer Strukturen, die Entstehung von Zellen, Zellenverbänden, Körpern, Gehirnen als einen Prozess von Zufällen anzusehen, ist für mich Wunderglaube. Das sehe ich wie  Henri Bergson. Auch  Konrad Lorenz Annahme, vom »Intelligenzanalogen Verhalten« der Natur ist eine Absage an den Zufall.  Aristoteles' Theorie von Form und Stoff erscheint mir plausibler als Evolution als Zufall, aber auch als Evolution durch eine alles bestimmende allmächtige geistige Kraft. Der philosophische  Materialismus ist mir in diesem Zusammenhang nicht plausible. Sehen Sie dazu bitte meinen Aufsatz Kritik des philosophischen Materialismus.] Zurück zum Text


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