Erkenntnis


Erkenntnis in der Philosophie

Der Begriff »Erkenntnis« wird in Philosophie in der Regel für »begründetes Wissen« verwendet. (Im Gegensatz zu meinen und glauben.) Vieles, was im philolex-Beitrag Wissen steht, trifft deshalb auch für Erkenntnis zu. Erkenntnis wird auch oft synonym mit Wahrheit benutzt. Traditionell und umgangssprachlich bedeutet Erkenntnis deshalb auch Adequatio intellectus et rei.

In der Philosophie unterscheidet man u. a. zwischen diskursiver Erkenntnis, sprachlich begreifbares und vermittelbares Wissen, und intuitiver oder evidenter Erkenntnis, die sprachlich nicht erfassbar und vermittelbar ist, sowie zwischen Erkenntnis a posteriori und Erkenntnis a priori.


Meine Vorstellung von Erkenntnis

Das 6. Kapitel Meiner Philosophie beginnt mit dem Absatz: »Da ich nichts anderes haben kann als Erlebnisse, aber diese Erlebnisse auch unbezweifelbare subjektive Realität sind, beginnt ein Neuaufbau damit, mir die Differenziertheit meiner Erlebnisse in immer stärkerem Maße bewusst zu machen. Damit bringe ich aber auch ständig neue Erlebnisse, neue Bewusstseinsinhalte hervor. Diesen Prozess nenne ich ›Erkenntnis‹. Meine aktive Tätigkeit in diesem Erkenntnisprozess nenne ich ›denken‹.« Für mich ist Erkenntnis in letzter Instanz der Prozess, in dem ein Individuum sich der Vielfalt seiner Bewusstseinsinhalte gewahr wird und im Verlaufe dieses Prozesses auch ständig neue Bewusstseinsinhalte erzeugt. In wieweit das alles einen Bezug auf objektiv Existierendes hat, bleibt in letzter Instanz unsicher. Ich vermute aber stark, dass vielen Bewusstseins-inhalten objektive Tatsachen zugrunde liegen, wie ich u. a. in meiner Kritik am  Radikalen Konstruktivismus näher ausgeführt habe.

Wie unsicher vieles ist, was wir im täglichen Leben und/oder in der Wissenschaft mit Selbstverständlichkeit als richtig ansehen, damit habe ich mich in  meiner Vorstellung von Wissenschaft und meinem Aufsatz Gedanken zur Erkenntnistheorie näher beschäftigt. Über den Unterschied von Vermutungen und Wissen in meinem Aufsatz Wissen, Vermutungen und Praxis.


Zitate zu Erkenntnis

Aristoteles: »Wer recht erkennen will, muss zuvor in richtiger Weise gezweifelt haben.«

Jean Baudrillard: »Denn die Welt ist nicht geschaffen worden, damit man sie versteht. Sie schert sich nicht um Erkenntnis. Vielleicht ist sie sogar geschaffen worden, um nicht verstanden zu werden. Die Erkenntnis ist zwar Teil der Welt, aber nur als totale Illusion. Genau das finde ich interessant, denn es bedeutet, dass das Denken nur Teil eines Ganzen ist, und dass es für dieses Ganze keine Interpretation gibt.«

Ludwig Bechstein: »Erkenntnis ist eine Sonne, die den Menschengeist erleuchtet; sie breitet nach allen Richtungen hin ihre glänzenden Radien aus; sie erfüllt mit ihrer Klarheit die Welt, und der Geist schwimmt auf ihren hellen Strahlen und badet sich im Lichtmeer.«

Cicero: »Die Kenntnis der Ursachen bewirkt die Erkenntnis der Ergebnisse.«

René Descartes: »Alles Wissen besteht in einer sicheren und klaren Erkenntnis.«

Marie von Ebner-Eschenbach: »Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.«

Albert Einstein: »Je weniger Erkenntnis ein Mensch besitzt, desto ferner fühlt er sich von Gott

Ernst Haeckel: »Die Früchte vom Baume der Erkenntnis sind es immer Wert, dass man um ihretwillen das Paradies verliert! Also nur immer fortgefahren und mit äußerster Konsequenz in die letzte Pforte der Erkenntnis vorgedrungen.«

Immanuel Kant: »Alle Erkenntnis setzt Verstand voraus.« »Denn man muss wissen, dass alle Erkenntnis zwei Enden habe, bei denen man sie fassen kann, das eine a priori das andere a posteriori.« »Die philosophischen Erkenntnisse haben mehrenteils das Schicksal der Meinungen, und sind wie die Meteoren, deren Glanz nichts von ihrer Dauer verspricht.«

Konfuzius: »Die tiefsten Erkenntnisse erreicht man nur durch höchste Sammlung des Geistes. Worte reichen nicht hinunter in diese letzten Gründe, nur intuitive Erleuchtung hilft zum Verständnis.«

Stanislaw Lem: »Das Ringen der Menschen nach Erkenntnis, das ist ein Prozess, dessen Ziel im Unendlichen liegt. Die Philosophie aber ist der Versuch, dieses Ziel auf Anhieb, durch Kurzschluss zu erreichen, der uns ein vollkommenes und unerschütterliches Wissen verbürgt.« »Ein hartnäckiger Begleiter der Erkenntnis ist die Unwissenheit über die eigene Unwissenheit.«

Lessing: »Nichts verdunkelt unsere Erkenntnis mehr als die Leidenschaften.«

Ramon Llull: »Der menschliche Intellekt hat an sich die Natur des Erkennens, denn das Erkennen ist seine Tätigkeit.«

John Locke: »Der Glaube kann uns niemals von etwas überzeugen, was unserer Erkenntnis zuwiderläuft.« »In dem Maße, wie wir selber die Wahrheit und die Vernunft betrachten und erfassen, besitzen wir auch reale und wahre Erkenntnis.«

Robert Musil: »Es fällt dem Philosophen nicht leicht, auf die Erkenntnis zu verzichten, aber es ist wahrscheinlich die große werdende Erkenntnis des zwanzigsten Jahrhunderts, dass man es tun muss.« »Eine große Erkenntnis vollzieht sich nur zur Hälfte im Lichtkreise des Gehirns, zur anderen Hälfte in dem dunklen Boden des Innersten, und sie ist vor allem ein Seelenzustand, auf dessen äußerster Spitze der Gedanke nur wie eine Blüte sitzt.« [Das zweite Zitat zeigt, dass Musil selbst gar nicht auf Erkenntnis verzichten will. Er hat aber ein tieferes Verständnis von ihr.]

Paul Natorp: »So wird die Erkenntnis der Prinzipien zum Prinzip der Erkenntnis für alles Weitere. Und eben indem wir die Prinzipien erkennen, erkennen wir etwas von den Dingen an sich selbst. Die Erkenntnis jeder Sache beruht auf der Erkenntnis ihres Prinzips.«

Platon: »Das Staunen ist der Anfang der Erkenntnis.«

Ramakrishna: »Der Lärm äußerer Riten verschwindet, wenn wahre Erkenntnis anbricht.«


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