Vorstellung


Vorstellung als geistiger Tatbestand

Vorstellen ist eine Grundweise geistiger Tätigkeit des Menschen. Im weiteren Sinne steht das Wort »Vorstellung« für alle Inhalte des Bewusstseins. Im engeren Sinne wird es für bestimmte Bewusstseinsinhalte benutzt und anderen Bewusstseinsinhalten entgegengestellt. Zu unterscheiden ist zwischen dem Vorstellungsvermögen, der Ausübung dieses Vermögens und den Ergebnissen dieser Ausübung.

Vom Wortursprung her bedeutet vorstellen, »etwas vor sich stellen«, es damit anschaulich machen. Je besser man es hinbekommt, sich bei geschlossenen Augen etwas bildlich vorzustellen, um so stärker erlebt man dieses Bild außerhalb seines Kopfes. [1]

Es gibt verschiede Arten von Vorstellungen. In Bezug auf die verschiedenen Sinne gibt es visuelle, auditive, olfaktorische, gustatorische und taktile Vorstellungen. Bezogen auf die Inhalte gibt es u. a. Erinnerungsvorstellungen, Phantasievorstellungen. Bezogen auf ihre Zeichen u. a. bildliche und sprachliche Vorstellungen.

Es ist in der Philosophie eine weitverbreitete Auffassung, dass die Welt, die wir Menschen um uns herum erleben, unsere Vorstellung ist. Das, was wir für die Welt halten, sei unsere Vorstellung, unser Bild von der Welt. Die Auffassung, die Welt, die wir erleben, sei genau die Welt, die auch unabhängig von uns existiert, wird in der Philosophie Naiver Realismus genannt und inzwischen nur noch sehr selten vertreten ( Lenin,  Moore), weil nicht nur philosophische, sondern insbesondere auch naturwissenschaftliche Theorien dem entgegenstehen. [2]

Warum wir Menschen uns diese Vorstellungen machen, dazu gibt es wiederum verschiedene Auffassungen.

Einige sagen, es gebe unabhängig von uns Menschen eine objektiv existierende Welt, die auf unsere Sinne eine Wirkung habe. Auf Grund dieser Wirkungen und der Arbeitsweise unseres Gehirns würden wir uns diese Vorstellungen machen. Und unsere Vorstellung von der Welt würde zumindest in für unser Leben wichtigen Aspekten mit der tatsächlichen Welt korrespondieren. Ansonsten könnten wir in ihr nicht überleben. So sagt es die Evolutionäre Erkenntnistheorie.

Andere sagen, unser subjektiver Geist würde die Welt schaffen und außerhalb gebe es nichts. ( Subjektiven Idealismus). Wiederum andere sagen, man könne jedenfalls nicht wissen, ob es etwas unabhängig vom vorstellenden Subjekt gebe und wenn was. ( Agnostizismus)


Vorstellung bei verschiedenen Philosophen

Vorstellung wird in der Philosophie häufig als Realisierung der Verbindung von Ich und Welt bezeichnet. Das Bewusstsein nehme ein ihm Begegnendes als Gegenstand an. [Bewusst oder unbewusst wird damit eine Vorentscheidung getroffen.  Subjektive Idealisten sehen es gerade nicht so, dass dem Bewusstsein etwas begegnet, sondern, dass das Bewusstsein aus sich heraus etwas schaffe.]

Descartes unterschied zwischen Vorstellungen, Willen, Gemütsbewegungen (Affekte) und  Urteilen. die Vorstellungen seien die Vermittler zwischen Ich und Welt.

Für Locke ist Vorstellung alles, was das Bewusstsein in sich vorfindet.

Hume unterscheidet zwischen Wahrnehmung, Empfindungen und Vorstellung. Vorstellungen seien Nachbildungen von Wahrnehmungen.

Für Kant gibt es die bewusste Vorstellung. Auf ein Subjekt bezogen sei sie Empfindung, auf ein Objekt bezogen sei sie Erkenntnis. Vorstellung ist bei Kant Oberbegriff von  Begriff und Anschauung.

Die Welt war für Schopenhauer Wille und Vorstellung. (So auch der Titel seines Hauptwerks.)

Nach Heidegger und Marcel gibt es ein nichtvorstellendes Denken und geistiges Erfahren im Gegensatz zu einem objektiven Vorstellen, welches vergegenständliche.


Zitate zu Vorstellung

Henri Bergson: »So ist mein Leib ein Gegenstand, bestimmt, andere Gegenstände zu bewegen, also ein Zentrum von Handlung; er ist nicht imstande eine Vorstellung zu erzeugen.«

Marx und Engels: »Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen.«

Arthur Schopenhauer: »Die Welt ist meine Vorstellung.«

Voltaire: »Der Mensch kann aus sich selbst heraus weder Gefühle noch Vorstellungen haben, er muss alles erst empfangen, Schmerz und Lust werden ihm, wie sein ganzes Sein, von außen zuteil.« [Der Körper wird damit als etwas außerhalb des Menschen angesehen. Denn er ist Quelle von Schmerz, Lust und Gefühl.]


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Anmerkungen

Anm. 1: Das kann jeder selbst ausprobieren: Die Augen schließen und sich ein Bild vorstellen, zum Beispiel eine Landschaft, einen Menschen oder ähnliches. Und dann darauf achten, was man unmittelbar erlebt. Man erlebt das Bild nicht in seinem Kopf. Man erlebt es vor sich. Zurück zum Text

Anm. 2: Näher erläutert habe ich dies in der Anmerkung 14 Meiner Philosophie. Zurück zum Text


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