Die Sophisten

Der Sophismus war eine philosophische Strömung im antiken Griechenland. Er folgte auf die Vorsokratiker (einige Autoren zählen die Sophisten zu den Vorsokratikern, einige zählen sie überhaupt nicht zu den Philosophen) und leitete die Blütezeit der  griechischen Philosophie mit Sokrates, Platon und Aristoteles ein. Die Auseinandersetzung mit den Sophisten ist ein wichtiger Teil der  Dialoge Platons. (Da es viele Sophisten mit zum Teil unterschiedlichen Auffassungen gab, ist nicht jeder vollständig mit dem identifizierbar, was hier aufgeführt wird.)

Skeptizismus, Subjektivismus, Relativismus, Nihilismus: Je mehr philosophische  Hypothesen und Systeme vorhanden waren, um so stärker wurde der Drang zu vergleichen und kritisch zu prüfen. Aus dem Zweifel an der Sicherheit der Wahrnehmung entstand ein grundsätzlicher Zweifel an der Erkenntnisfähigkeit des Menschen. Zu dem theoretischen Zweifel kam bald die Skepzis gegenüber der herrschenden  Moral. Ethische Auffassungen seien subjektiv, sagten die meisten Sophisten. In der Natur gebe es nur das Recht des Stärkeren. Gesetze seien die Erfindungen der Schwachen und Minderwertigen um die Starken und Fähigsten zu bändigen. (Wie bei Nietzsche.) Auch die Religionen und die Götter würden von den Menschen aus vielerlei Gründen erfunden.

Die Sophisten waren Praktiker. Für sie war theoretisches Wissen ohne große Bedeutung. Wenn es keine Möglichkeit gebe, mit Sicherheit festzustellen, wer Recht habe, dann käme es darauf an, wer Recht behalte. Die Kunst der Rede war ihnen das Wichtigste, da der Redegewandte sich in den Volksversammlungen und vor den Gerichten am besten durchsetzen konnte.  Protagoras sagte, man müsse (durch die Rede) die schwächere Sache zur stärkeren machen können. Und  Gorgias meinte, die Rede sei wie ein Gift, man könne mit ihr gleichermaßen vergiften und bezaubern. (Welche Berufsgruppe in unserer Zeit gleicht in diesem Punkte am meisten den Sophisten? Zur Lösung die Rätseltaste drücken. ;-)

Es sind besonders vier Dinge, in denen sich die Sophisten von den Philosophen vor ihnen unterschieden und womit sie die zukünftige Philosophie beeinflussten:

  1. Sie haben sich in erster Linie nicht mit der Natur,
    sondern mit den Menschen beschäftigt, mit politischen,
     moralischen, rechtlichen und kulturellen Themen.
  2. Sie begannen über das Denken selbst nachzudenken.
  3. Sie fragten nach der Berechtigung der vorhandenen Moralvorstellungen.
  4. Sie stehen am Beginn der Sprachwissenschaft.

Protagoras (um 481–411) stellte den »homo-mensura-Satz« auf: »Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der Seienden, wie sie sind, der nicht seienden, wie sie nicht sind.« Störig versteht diesen Satz so, »dass nicht ›Der Mensch‹ das Maß sei – das wäre ja immer noch eine Art allgemeiner Maßstab – sondern der jeweilige einzelne Mensch.« (Störig, S.147) Ein Satz könne wahr und falsch sein. Es hänge davon ab, wer ihn unter welchen Umständen sagt. [Ganz simple Beispiele: Wenn ein Mann sagt »Ich bin ein Mann« ist das wahr. Sagt eine Frau das, ist es falsch. Ruft einer aus Sydney in Berlin an und sagt: »Draußen ist dunkle Nacht.« Der Berliner sagt: »Draußen ist hellichter Tag.« Beide haben Recht bezogen auf ihren Standort.]

Diese Auffassung wurde von dem Sophisten Gorgias (ca. 483–374) noch übertroffen. In Anlehnung an die Trugschlüsse  Zenons behauptete er:

  1. Es gibt überhaupt nichts.
  2. Selbst wenn es etwas gäbe, wäre es unerkennbar.
  3. Selbst wenn es etwas Erkennbares gäbe, wäre diese Erkenntnis nicht mitteilbar.

Platon fragte: »Gibt es denn wenigstens diese Sätze?«


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