Kommunismus – Sozialismus


Kurzbeschreibung des Kommunismus und Sozialismus

Warum sozialistische und kommunistische Auffassungen und Bewegungen entstanden: Zu allen Zeiten der Geschichte waren die Güter unter den Menschen ungleich verteilt und damit auch die Chancen ein glückliches Leben zu führen, seine Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu entwickeln, zu bilden – bzw. dies den Kindern zu ermöglichen –, einen sorgenfreien Lebensabend zu verbringen etc. In der Regel hing der Platz, den man in dieser ungleichen Welt einnahm, nur von der Geburt in eine bestimmte Familie, in eine bestimmte soziale Schicht ab. (Heute kann man auch sagen in ein bestimmtes Land, in eine bestimmte Weltgegend.) Die Ungleichheit nahm oft Ausmaße an, dass während die Einen im Luxus lebten, die Anderen vor Armut starben. [1]

Da der Mensch als ein ambivalentes Wesen sowohl zu Egoismus wie zu Mitleid fähig ist, hat diese Ungleichheit einerseits ein starkes Beharrungsvermögen, andererseits hat es aber auch immer wieder Menschen und Menschengruppen gegeben, die solche Verhältnisse verurteilten und eine Gleichverteilung der Güter und Lebenschancen, oder zumindest eine Abmilderung der Ungleichheit verlangten, die gesellschaftliche Verhältnisse schaffen wollten, in denen jeder die Möglichkeit hat, sich zu entwickeln, zu bilden, ein glückliches Leben zu führen. In Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche, wenn sich soziales Elend verstärkt, treten solche Bewegungen stärker hervor, als zu anderen Zeiten. Die gegenwärtigen kommunistischen und sozialistisch/sozialdemokratischen Auffassungen und Bewegungen entstanden im 19. Jahrhundert, als im Verlaufe der Industrialisierung große Teil der Bevölkerung, besonders die Arbeiter, verarmten.

Unter Kommunismus verstand man ursprünglich eine Gesellschaft, in der es allgemeine Gleichheit aller Menschen gibt, nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch. Der Begriff Kommunismus ist besonders mit dem Namen Karl Marx verbunden. In der kommunistischen Gesellschaft sollte jeder nach seinen Fähigkeiten arbeiten und jeder nach seinen  Bedürfnissen von dem Vorhandenem nehmen. Die gesellschaftlichen Verhältnisse in vielen Ländern im 20. Jahrhundert, die von außen »kommunistische Länder« genannt wurden, hatten mit diesen Vorstellungen nichts zu tun. (Die Regierenden in diesen Ländern hatten ihre gesellschaftlichen Verhältnisse allerdings selbst nicht als kommunistisch bezeichnet, sondern betrachteten diese als Vorstufen des Kommunismus.)

Über den Kommunismus und die kommunistischen Experimente im 20. Jahrhundert habe ich mich ausführlich in mehreren Referaten geäußert. Diese findet man hier.

Die Begriffe Kommunismus und Sozialismus wurde bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts meist synonym verwendet. Bei Marx und Lenin ist Sozialismus die Vorphase des Kommunismus. Durch die Spaltung der Arbeiterbewegung in eine kommunistische und eine sozialistisch/sozialdemokratische Richtung und durch die Entwicklung in der Sowjetunion – später in weiteren kommunistisch regierten Ländern – wurden diese Begriffe stärker unterschieden. Die Bedeutung dieser Begriffe ergab sich vielfach daraus, wer sie benutzte.

Die Kommunisten benutzen den Begriff Kommunismus weiterhin zur Bezeichnung der dem Sozialismus folgenden gesellschaftlichen Zustände, wie sie von  Marx beschrieben wurden. Fast alle anderen Menschen benutzten den Begriff Kommunismus negativ, zur Bezeichnung der diktatorischen Verhältnisse in den von Kommunisten regierten Ländern. (Eine kurze Beschreibung dieser Verhältnisse findet man  hier.)

In einigen kommunistischen Parteien Westeuropas (besonders in Spanien, Italien und Frankreich) entwickelte sich in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts der damals so genannte »Eurokommunismus« Danach sollte der Sozialismus in Demokratie und Freiheit errichten werden, die individuellen und gesellschaftlichen Freiheiten (Versammlungs- und Pressefreiheit, Wahlrecht, Demonstrationsfreiheit und Streikrecht) erhalten bleiben. Faktisch war diese Entwicklung auch eine Kritik am diktatorischen Sowjetsystem. Diese kurzzeitige Erscheinung war die allmähliche »Sozialdemokratisierung« vieler westeuropäischer Kommunisten.

Die Sozialisten und Sozialdemokraten fügten dem Begriff Sozialismus häufig das Adjektiv »demokratisch« hinzu, um damit zu demonstrieren, dass sie im Unterschied zu den Kommunisten einen demokratischen, keinen diktatorischen Sozialismus wollten. Die meisten sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien und Politiker haben sich dann im weiteren Verlauf der Geschichte erst in ihrem praktischen Handeln, später dann auch mehr und mehr programmatisch vom Sozialismus getrennt. Auch sie hielten lange Zeit daran fest die Produktionsmittel – zumindest zu einem großen Teil – in Allgemeineigentum zu überführen und die Markwirtschaft durch eine geplante Wirtschaft zu ersetzen. Statt dessen wurde eine Reformierung des Kapitalismus angestrebt.

Im weiteren Verlauf haben sich viele sozialdemokratische Parteien dann soweit von ihren Wurzeln entfernt, dass sie faktisch von den sogenannten bürgerlichen Parteien (zu deren ideologischen Grundlagen siehe Konservatismus und Liberalismus) nicht mehr unterscheidbar sind. Wenn eine Partei Macht und Einfluss hat, dann treten dort auch Leute ein, die mit den Werten dieser Partei oft nur wenig zu tun haben und mehr an ihrem persönlichen Vorwärtskommen interessiert sind. Etablierte Parteien sind deshalb nicht nur aber in einem starken Maße Karrieristenclubs. In Deutschland ist die aus der einstigen kommunistischen Staatspartei SED und linkssozialdemokratischen Gruppen hervorgegangene Linkspartei heute das, was in früheren Jahrzehnten die SPD war: eine soziale Reformpartei. Die verschröderte SPD dagegen macht eine asoziale und dilettantische Reformpolitik.

Der Sozialstaat ist faktisch ein Kompromiss zwischen kapitalistischen und sozialistischen Vorstellungen. Man schafft die sozialen Ungleich nicht ab, sondern mildert sie ab. [Im Verlaufe des gegenwärtigen Sozialstaatsabbaus werden diese Abmilderungen allerdings in einem großen Umfang wieder rückgängig gemacht, ohne sie völlig aufzugeben. Eine völlige Abschaffung des Sozialstaates wäre ein gewaltiges Risiko für die gesellschaftliche, politische und damit auch wirtschaftliche Stabilität, so dass sich die Politiker in ihrer Mehrheit dies wohl nicht trauen werden.]


Vertreter von Kommunismus und Sozialismus

Zwischen den hier aufgeführten Personen gibt es beträchtliche Unterschiede! Es ist nicht meine Absicht, die hier beschriebenen Theoretiker und Politiker in einen Topf zu werfen.

Althusser, Louis (1918–1990). Französischer Marxist. Siehe Extraseite.

Bahro, Rudolf (1935–1997). Ursprünglich SED-Funktionär auf mittlerer Ebene. Später ein entschiedener Kritiker des »Realen Sozialismus«. Seine Kritik bewegte sich im Rahmen der hegelsch-marxschen Geschichtsmetaphysik. Entwickelte sich nach seiner Ausreise in die Bundesrepublik zu einem grünen Fundamentalisten. [Ende der 70er Jahre war ich einige Zeit stark von ihm beeinflusst. In meiner Diplom-Arbeit von 1979 habe ich mich stark an ihm orientiert. Nachdem ich die Schriften Poppers kennengelernt hatte, erkannte ich, dass Bahro noch viel zu sehr dem marxistischen Dogmatismus verbunden war.] Wichtigstes Werk: Die Alternative, Zur Kritik des realexistierenden Sozialismus, 1977.

Bebel, August (1840–1913). Führende Persönlichkeit der deutschen Arbeiterbewegung in der Zeit ihrer Entstehung. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, verlor er früh seine Eltern, wurde Drechsler und selbständiger Drechslermeister. 1869 Mitbegründer und Vorsitzender der SPD. Reichstagsabgeordneter von 1871 bis 1913. Vertrat den Marxismus.

Bernstein, Eduard (1850–1932). Deutscher sozialdemokratischer Politiker. Vertreter des Revisionismus (der marxistischen Grunddogmen), einer vor dem 1. Weltkrieg in der damals noch mehrheitlich marxistischen SPD bestehenden reformistischen Strömung, die Teile der marxistischen Lehre verwarf, z. B. die Vorstellung, dass der Kapitalismus gesetzmäßig zusammenbreche. Statt ein sozialistisches Fernziel anzustreben, solle man durch Reformen die Lebenslage der Arbeiter verbessern. Zugeschrieben wird ihm die Äußerung: »Die Bewegung ist alles, das Ziel ist nichts.« [Weshalb die Antibabypille in linken Studentenkreisen auch »Bernsteinpille« genannt wurde.] Was er tatsächlich sagte, war etwas differenzierter: »Ich gestehe es offen, ich habe für das, was man gemeinhin unter ›Endziel des Sozialismus‹ versteht, außerordentlich wenig Sinn und Interesse. Dieses Ziel, was immer es sei, ist mir gar nichts, die Bewegung alles. Und unter Bewegung verstehe ich sowohl die allgemeine Bewegung der Gesellschaft, d. h. den sozialen Fortschritt, wie die politische und wirtschaftliche Agitation und Organisation zur Bewirkung dieses Fortschritts«.

Biermann, Wolf (*1936). Deutscher Liedermacher und Lyriker. Sein jüdischer Vater wurde von den Nazis ermordet. Wegen seiner kommunistischen Gesinnung siedelte er in den 50er Jahren von Hamburg in die DDR über. Studierte dort Philosophie. Übte seit den 60er Jahren zunehmende Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen in der DDR und bekam deshalb Auftrittsverbot. Befreundet mit  Robert Havemann. 1976 wurde er während eines Gastspiels in Westdeutschland ausgebürgert. Dies führte zu Protesten von vielen Künstlern mit dem Ergebnis, dass viele weitere Menschen die DDR verließen bzw. ins Gefängnis kamen.

Bloch, Ernst (1885–1977) Deutscher Philosoph. Siehe Extraseite.

Brecht, Bertolt (1898–1956). Deutscher kommunistischer Dramatiker und Lyriker. Stalinpreisträger.

Büchner, Georg (1813–1837). Deutscher Schriftsteller. Vorläufer von Naturalismus und Expressionismus. Bruder von Ludwig Büchner. Gründete die Gesellschaft für Menschenrechte. Verfasste eine radikaldemokratische Kampfschrift: »Der hessische Landbote« mit dem Motto: »Friede den Hütten, Krieg den Palästen

Dutschke, Rudi (1940–1979). Führender Vertreter oder auch Leitfigur der Studentenbewegung in der zweiten Hälfte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Starb an den Folgen eines Attentats.

Elleinstein, Jean (1927–2002). Französischer Historiker jüdischer Abstammung. Vertreter des  Eurokommunismus. (Wurde deshalb 1980 aus der Kommunistischen Partei Frankreichs ausgeschlossen, nachdem diese nach einer kurzen eurokommunistischen Phase eine nationalistisch-stalinistische Kehrwende gemacht hatte.) Mit seinem Buch Geschichte des Stalinismus machte er in der zweiten Hälfte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts viele westeuropäische Kommunisten erstmals mit den stalinschen Massenmorden bekannt. Bis dahin war es auch unter westeuropäischen Kommunisten üblich, die Ermordung von Hunderttausenden ihrer eigenen Genossen unter  Stalin aus dem Bewusstsein und den Geschichtsbüchern zu verdrängen.

Engels, Friedrich (1820–1895). Nach seinem Freund Karl Marx der bedeutendste kommunistische bzw. sozialistische Theoretiker. Siehe Extraseite.

Fichte, Johann Gottlieb (1762–1814). Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende deutsche Philosoph entwickelt als erster auf deutschen Boden noch vor Entstehung der Arbeiterbewegung die Idee eines sozialistischen Staatswesens. Siehe  Extraseite.

Fourier, Charles (1772–1837) Ein französischer frühsozialistischer Denker, der den Kapitalismus kritisierte, aber auch die Vorstellung, soziale Probleme könne, solle der Staat lösen.  Marx hat an ihn angeknüpft, ihn aber auch kritisiert. Für  Bebel der Vater des Anarchismus.

Gramsci, Antonio (1891–1937). Italienischer Philosoph und Marxist. Siehe Extraseite.

Havemann, Robert (1910–1982). Deutscher Chemiker und Schriftsteller. 1932 Eintritt in die KPD. Während der Nazizeit verdeckte Arbeit in Widerstandsgruppen. Wurde dafür zum Tode verurteilt. Wegen chemischer Forschungsarbeiten im Zuchthaus entging er der Vollstreckung. Später Hochschullehrer in der DDR. Übte seit den 60er Jahren zunehmende Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen in der DDR, was zu Verfolgung und Berufsverbot führte. Befreundet mit  Wolf Biermann.

Hess, Moses (1812–1875). Junghegelianer. Deutscher Frühsozialist jüdischer Abstammung. Wurde später (sozialistischer) Zionist. (Bevor es den Begriff gab.) Arbeitete mit Marx und Engels zusammen – soll diese sogar ursprünglich für den Sozialismus gewonnen haben –, wurde aber später von diesen kritisiert. Vertreter des »philosophischen Sozialismus«. Die Rückkehr der Religionen zu ihrem gemeinsamen Ursprung würde den Sozialismus herbeiführen. Werke u. a.: Rom und Jerusalem.

Heym, Stefan (1913–2001, Geburtsname Helmut Flieg). Prokommunistischer deutscher Schriftsteller jüdischer Abstammung. Seine Schriften waren in der DDR zeitweilig verboten. [Das was ich von ihm gelesen habe, war dermaßen pro-real-sozialistisch, das ein Verbot dieser Schriften aus Sicht des Systems unnötig war. Aber die DDR-Oberen wollten nicht den allerkleinsten linken Pluralismus dulden.]

Horkheimer, Max (1895–1973). Gründer und Hauptexponent der Frankfurter Schule, die zu Beginn ihrer Existenz eine sozialistische Gesellschaft anstrebte. Später überwog dann der Pessimismus und eine allgemeine Kulturkritik. Siehe Extraseite.

Kautsky, Karl (1854–1938). Einer der bedeutendsten sozialistischen Theoretiker und sozialdemokratischer Politiker seiner Zeit. Hielt gegen die Revisionisten ( Bernstein) am traditionellen Marxismus fest. Verurteilte aber auch entschieden das Sowjetsystem.

Lassalle, Ferdinand (1825–1864). Führender Politiker in der Frühzeit der deutschen Arbeiterbewegung. Forderte u. a. das allgemeine und direkte Wahlrecht und die Gründung von Arbeiterproduktivgenossenschaften. Gründete 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein, aus dem 1890 die SPD hervorging. Da er kein Marxist war, wurde er von kommunistischer Seite hart angegriffen und seine Bedeutung in der Frühzeit der Arbeiterbewegung heruntergespielt. Das ging so weit, dass man seinen Tod im Duell sarkastisch und zynisch kommentierte.

Lenin, Wladimir Iljitsch (1870–1924). Der bedeutendste kommunistische Theoretiker und Praktiker des 20. Jahrhunderts. Gründer der Sowjetunion. Siehe Extraseite.

Liebknecht, Karl (1871–1919). Sohn von  Wilhelm Liebknecht. Sozialdemokratischer, später kommunistischer Politiker. 1919 von rechten Soldatenverbänden ermordet. Neben  Rosa Luxemburg eine Leitfigur der deutschen Kommunisten.

Liebknecht, Wilhelm (1826–1900). Vater von  Karl Liebknecht. Mitbegründer und führendes Mitglied der SPD. Mit Marx und Engels befreundet.

Lukács, Georg (1885–1971). Ungarischer Philosoph. Siehe Extraseite.

Luxemburg, Rosa (1871–1919). Bedeutende kommunistische und sozialistische Theoretikerin. 1919 von rechten Soldatenverbänden ermordet. Neben  Karl Liebknecht eine Leitfigur der deutschen Kommunisten. Ihre Kritik der russischen Revolution sowie viele weitere Schriften zeigen aber, dass sie, wäre sie nicht 1919 ermordet worden, keine Anhängerin des diktatorischen Sowjetsystem gewesen wäre. Ein besonders häufig zitierter Satz (hier in voller Länge): »Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ›Gerechtigkeit‹, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die Freiheit zum Privilegium wird.«

Marx, Karl (1818–1883). Der mit Abstand bedeutendste kommunistische bzw. sozialistische Theoretiker. Siehe Extraseite.

Morus, Thomas (1478–1535). Der englische Philosoph war ein früher Sozialist. Von seiner Schrift Vom besten Zustand des Staates und der neuen Insel Utopia kommt das Wort »Utopie«. Siehe Extraseite.

Owen, Robert (1771–1858). Sozialreformer. Begründer des englischen Genossenschaftswesens. In der marxistischen Terminologie »Utopischer Sozialist«. Beeinflusste Marx und Engels. Schrift: A New View of Society, 1813.

Reich, Wilhelm (1897–1957). Bedeutender kommunistischer und  psychoanalytischer Theoretiker. Siehe Extraseite.

Tillich, Paul (1886–1965). Deutsch-Amerikanischer Religionsphilosoph und  evangelischer Theologe. Mitbegründer der »Religiösen Sozialisten«. Erhoffte eine Verbindung von Christentum und Sozialismus. Wegen seiner Ablehnung des Nationalsozialismus lebte er seit 1933 in den USA. Befreundet mit Adorno, der bei ihm habilitierte.

Saint-Simon, Claude Henri de (1760–1825). Französischer Philosoph und früher Sozialist. Wollte die Arbeiterfrage durch technokratischen Industrialismus, Agrarreform und undogmatisches Christentum lösen.

Stalin, Josef (1879–1953). Einer der bedeutendsten Politiker des 20. Jahrhunderts. Wurde nach der Entmachtung und späteren Ermordung von ca. 90% der engeren Mitarbeiter Lenins Führer und unumschränkter Diktator der Sowjetunion. Nach Hitler der zweitgrößte Massenmörder seiner Zeit. (Näheres u. a. in meinem Stalinismusreferat.

Trotzki, Leo (1879–1940). Nach Lenin der zweitbedeutendste Theoretiker und Praktiker in der Frühzeit der Sowjetunion. Wurde später von  Stalin entmachtet und in seinem Auftrag ermordet. (Näheres zu ihm im 6. Teil meines Stalinismusreferats.)

Ulbricht, Walter (1893–1973). Führender deutscher Kommunist. Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Lebte zur Zeit der  »Großen Säuberungen« in Moskau und soll viele seiner Genossen verraten haben. (In der Sowjetunion wurden mehr führende Mitglieder der KPD umgebracht, als in Hitler-Deutschland.) War nach 1945 lange Zeit der Diktator in Ostdeutschland, unabhängig von seinen formellen Funktionen.


Meine Kritik an Kommunismus und Sozialismus

Die Motivation, aus der heraus Menschen Kommunisten und/oder Sozialisten werden, verstehe ich und teile ich voll und ganz! Ich war selbst lange mit dieser politischen Richtung verbunden. Aber man muss aus geschichtlichen Erfahrungen und den Wissenschaften über den Menschen lernen (können). Der Kommunismus und/oder Sozialismus scheitert an der Natur des Menschen. Der Hauptfehler auf der linken Seite des politischen und wissenschaftlichen Spektrums war (und ist teilweise immer noch) ein verkehrtes, zu optimistisches Menschenbild. Der Mensch ist nicht nur und nicht einmal in erster Linie ein gesellschaftliches Wesen, er ist auch und er ist primär ein biotisches, natürliches Wesen. Und er ist von Natur aus nicht  »gut«, sondern ambivalent. Näheres dazu u. a. in den oben bereits erwähnten Politischen Referaten und in meinem Aufsatz Über die negative Seite des Menschen.

Ich setze weiterhin auf den Sozialstaat als die am wenigsten problematische Form des menschlichen Zusammenlebens. [2] Den augenblicklichen Sozialstaatsabbau – der ja keineswegs zum völlig Schwinden des Sozialstaats führt – sehe ich nicht als einen irreversiblen Prozess. Der Sozialstaat ist für mich ein Modell für den ganzen Planeten, auch für Länder, in denen es noch nie einen Sozialstaat gab, und in denen Armut herrscht, verglichen mit der jeder Hartz IV-Empfänger in Deutschland guter Mittelstand ist.


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Anmerkungen

Anm. 1: Auch die persönliche Leistung spielt des Öfteren eine Rolle besonders in unserer heutigen Zeit und in unserem Teil der Welt. Die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft hängt aber auch schon wieder teilweise von den Entwicklungsbedingungen eines Menschen in den ersten zwei Jahrzehnten seines Lebens ab. Unsere Gesellschaft ist zum Teil durchaus eine Leistungsgesellschaft, zum Teil ist sie aber auch leider eine Gaunergesellschaft. Was leistet ein Boden- oder Aktienspekulant? Einige Manager haben Milliarden-Verluste erwirtschaftet, die die Masse des Volkes durch höhere Abgaben und Einschränkungen von Leistungen bezahlen müssen, haben hunderttausende Kleinanleger um einen Großteil ihrer Ersparnisse gebracht und sind gleichzeitig Einkommensmillionäre geworden. Nach meinen Gerechtigkeitsauffassungen würden diese Menschen wenn schon nicht im Gefängnis, dann aber auf dem Sozialamt sitzen, weil ihre Privatvermögen eingezogen worden wären, um zumindest einen Teil des Schadens wieder gutzumachen, den sie angerichtet haben. Zurück zum Text

Anm. 2: Der Sozialstaat ist mindestens in zweierlei Hinsicht problematisch:
1. Auch in einem Sozialstaat sind die Menschen oft unabhängig von ihrer Leistung, ihres Zutuns oder Verschuldens, privilegiert oder unterprivilegiert. Kinder haben nur auf Grund ihrer Geburt in eine bestimmte Familie von vornherein unterschiedliche Lebenschancen. Das ist gemessen an meinen Wertvorstellungen problematisch.
2. In einem Sozialstaat ist der Wettbewerb und die Leistungsbereitschaft bei vielen Menschen eingeschränkt. Viele beziehen ihre Einkünfte weitgehend leistungsunabhängig. Wer sich mit einem niedrigen Lebensstandard abfindet, wird nichts dagegen unternehmen Hartz IV-Empfänger zu sein. Wer in eine private oder öffentliche Firma, Institution u. ä. hineingekommen ist, hat wegen diverse Kündigungsvorschriften sein Einkommen sicher. Das Schlimmste, was ihm passieren kann, ist, nicht aufzusteigen. (Aber auch Politiker und häufig auch Manager werden leistungsunabhängig bezahlt und zwar erheblich besser als die eben angesprochenen Menschen.)
Wenn man versucht, eines dieser beiden Probleme abzumildern, verstärkt man in der Regel das andere Problem. Und wenn man versucht eines der beiden Probleme völlig aufzuheben, schafft man gesellschaftliche Verhältnisse von hoher Instabilität. Der Versuch die Ungleichheit völlig aufzuheben, führt zu einer Gesellschaft mit ökonomischer Ineffektivität und Stagnation, die immer in Gefahr ist, an ihrer wirtschaftlichen Schwäche zu Grunde zu gehen. (Wie der »Reale Sozialismus« in Osteuropa.) Und der Versuch alle leistungs- und wettbewerbsmindernden Maßnahmen aufzuheben, führt zu einem solchen Maß an Ungleichheit und Verarmung großer Teile der Bevölkerung, dass sehr viele Menschen dem bestehenden politischen und wirtschaftlichen System feindlich gegenüberstehen werden. Dann können soziale Kämpfe das Land lähmen, im Extremfall wird ein solches System in einer Revolution beseitigt. (Und anschließend hat man oft faschistische oder stalinistische Zustände, die schlimmer sind, als alles, was man vorher hatte.) Zurück zum Text


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