John Stuart Mill

John Stuart Mill (1806–1873) war ein englischer Philosoph, Soziologe, Journalist, Politiker, Sozialreformer und Ökonom. Beeinflusst vom englischen Empirismus, von Bentham und Comte. Versuchte dem Positivismus ein festes psychologisches, logisches und erkenntnistheoretisches Fundament zu geben.


John Stuart Mill ausführlicher


Einige Aspekte der Philosophie Mills

Die Philosophie habe die Gegebenheiten des Bewusstseins zu untersuchen und das seien unsere Empfindungen und deren Verbindungen. [Wie die meisten Neukantianer.]

Grundwissenschaft sei die Psychologie. Sie ist nach Mill also auch Grundlage der Naturwissenschaft und der Philosophie. [Welch Unterschied zu  Comte! Sehen Sie auch Psychologismus.]

Mill versuchte eine einheitliche Methodologie für alle Wissenschaften zu begründen. Die Erfahrung sei die einzige Quelle von Erkenntnis und darum sei die  Induktion das einzige zulässige Erkenntnisverfahren. [Unterschied zu  Popper.]

Die von Mill entwickelte »induktive Logik« sei auch Grundlage der  »deduktiven Wissenschaften« (Mathematik, formale Logik). Logik habe die zufälligen Empfindungsverbindungen von den bleibenden, damit gesetzmäßigen zu unterscheiden. Auch in den Geisteswissenschaften seien nur kausalgesetzmäßige Beschreibungen zulässig.

Ethik: Die Interesse des Individuums und der Gesellschaft als ganzes müssten in Einklang miteinander gebracht werden. Hier vertrat Mill den  Utilitarismus Jeremy Benthams. Ziel allen Handelns solle es sein, Glück zu mehren und Leid zu lindern. [Was für ein Unterschied zu dem etwa gleichzeitig publizierenden  Nietzsche!] Im Gegensatz zu Bentham war für Mill aber nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität von Glück wichtig. Nicht alle Glücksarten seien gleichwertig. [Exakt meine Position.] Über qualitative Höhe des Glücks sollten diejenigen entscheiden, die auf grund ihrer Erfahrungen die besten Vergleichsmöglichkeiten besäßen. (Über die Qualität von Glück entscheidet menschliche Erfahrung – wenn auch die von besonders hervorragenden Menschen –, nicht aber wie bei  Platon der Grad der Teilhabe eines subjektiven Gefühls an den objektiven Ideen des Guten, Wahren und Schönen.)

Lust und Wert: Das Ziel des Lebens sei die Gewinnung von Lust ( Epikur). Materielle Dinge, die uns Lust verschaffen, würden wir »wertvoll« nennen. Was wir haben wollten, sei aber in Wirklichkeit nicht die Dinge, sondern die durch diesen Dinge ausgelöste Lust. Durch eine gedankliche Assoziation erscheine uns das Ding selbst wertvoll. Letztendlich sei »Wert«, den wir Dingen zuschreiben, nur ihr Möglichkeit uns Lust zu verschaffen. Unsere Urteile über Werte und  Moral hätten sich im Laufe der Zeit auf Grundlage der Erfahrung herausgebildet. Es gebe deshalb keinen allgemein verbindlichen Maßstab für solche Urteile. [Gegen  Naturrechtslehre.]

Für die weitere Entwicklung der Sprachanalyse und der Zeichentheorie von Bedeutung war die von Mill eingeführte Unterscheidung zwischen Denotation (Hauptbedeutung eines Wortes, Gegenstände, die mit dem Ausdruck bezeichnet werden) und Konnotation (Sinn des Ausdrucks, Neben-, Mitbedeutung eines Wortes).

Liberalismus: In seiner Schrift Über die Freiheit forderte Mill eine unbeschränkte Meinungs- und Diskussionsfreiheit. Er setzte sich für gesellschaftlichen Pluralismus ein und wandte sich entschieden gegen den Konformitätsdruck, gegen die Tyrannei der Masse, der Öffentlichen Meinung. Die Freiheit habe ihre Grenzen nur in der Freiheit der Anderen und nur hier sei auch Einmischung des Staates erlaubt. Mill war mit einer bekannten Frauenrechtlerin verheiratet und setzte sich für die Gleichberechtigung der Frau ein.


Zitate von Mill

»Wir können nie sicher sein, dass die Ansicht, die wir zu unterdrücken suchen, falsch ist; auch wenn wir sicher sein könnten, wäre die Unterdrückung immer noch ein Übel.«

»Die Ehe ist die einzige wirkliche Leibeigenschaft, die unser Gesetz kennt. Es gibt keine Sklaven mehr, außer den Herrinnen jedes Hauses.«

»Alle selbstsüchtigen Neigungen, Selbstvergötterung und ungerechte Selbstbevorzugung, mit denen die Menschheit behaftet ist, haben ihren Ursprung in dem gegenwärtigen Verhältnis zwischen Mann und Frau

»Die einzige Freiheit, die diesen Namen verdient, ist das Recht, unser Glück auf unsere eigene Weise zu verfolgen, solange wir nicht anderen das ihrige verkümmern oder ihre darauf gerichteten Bemühungen durchkreuzen.«

»Wenn geniale Menschen einen starken Charakter besitzen und ihre Fesseln sprengen, so macht die Gesellschaft, der es nicht gelungen ist, sie zur Trivialität herabzudrücken, Warnungszeichen aus ihnen, auf die man mit feierlichem Schauder als auf Beispiele wilder Verirrungen hinweist.«

»Die verhängnisvolle Neigung der Menschen, über etwas, was nicht mehr zweifelhaft ist, nicht länger nachzudenken, ist die Ursache der Hälfte aller Irrtümer

»Öffentliche Meinungen über Themen, die dem Verstand schwer zugänglich sind, sind oft richtig, aber selten oder nie die ganze Wahrheit

»Alles Gute, das besteht, ist eine Frucht der Originalität

»Es ist besser, ein unzufriedener Mensch zu sein als ein zufriedenes Schwein; besser ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedener Narr. Und wenn der Narr oder das Schwein anderer Ansicht sind, dann deshalb, weil sie nur die eine Seite der Angelegenheit kennen. Die andere Partei hingegen kennt beide Seiten.«

»Es ist zu bezweifeln, ob alle bisherigen technischen Erfindungen die Tageslast auch nur eines menschlichen Wesens erleichtert haben.« [Ob das für Mills Zeit wirklich zutraf, will ich mal offen lassen. Für unsere heutige Zeit gilt es auf keinen Fall.]

»Schutz gegen die Tyrannei der Behörde ist nicht genug; es braucht auch Schutz gegen die Tyrannei der vorherrschenden Meinung und Gefühle. Es gibt eine Grenze, welche die Einmischung der Gesamtmeinung in die persönliche Unabhängigkeit berechtigterweise nicht überschreiten darf, und diese Grenzen zu finden, sie gegen Angriffe zu schützen, ist für den gesunden Zustand der menschlichen Angelegenheiten eben so unerläßlich wie der Schutz gegen politischen Despotismus.«

»Ein Mann mit einer Überzeugung ist stärker als 99 Leute mit Interessen.« [Leider ist das oft nicht der Fall. Es gibt bis ins liberale und konservative Lager hinein viele Menschen mit der festen Überzeugung, dass der internationale Finanzkapitalismus einem besserem, stärkerem Regelwerk unterworfen werden muss. Sie konnten sich aber gegen die Interessen der Finanzkapitalisten bisher nicht durchsetzen.]

»Das Volk, welches die Macht ausübt, ist nicht immer dasselbe Volk wie das, über welches sie ausgeübt wird.«

»... dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.«


Meine Kritik an Mill

Der einzelne ist so sehr mit seiner Umwelt verbunden, dass eine Trennung zwischen dem inneren Lustgefühl und den äußeren materiellen Dingen, die dieses Lustgefühl hervorrufen, nur analytisch möglich ist. Im praktischen Leben sind ständig materielle Dinge um uns herum, die Lust oder Unlust auslösen. Das festzustellen ist mir deshalb wichtig, weil Liberale in der Regel die z. T. gewaltigen Unterschiede in der Verteilung des Eigentums nicht als Problem sehen. Ein Reicher hat nun man andere Glücksmöglichkeiten als ein Slum-Bewohner. Wichtig ist aber zu begreifen, dass das Lustgefühl das Wichtigste ist und nicht die Dinge. Die Dinge – auch die allgemeinen Lebensumstände –, mit denen die Menschen in sich Lust erzeugen, sind nämlich sehr vielfältig und in einem beträchtlichen Maße relativ.

Mill hatte ein zu optimistisches Menschenbild. Wenn auch nicht so unrealistisch wie das der Kommunisten. Aber seine Vorstellung, es könnte ein wirtschaftlicher Zustand eintreten, in dem keiner mehr reicher sein wolle, als er ist, verkennt, dass die Bedürfnisse des Menschen grenzenlos sein können und in der Regel sind. Nur eine Minderheit von Menschen kann sich beschränken.


Kommentare anderer Philosophen zu

Nach Hans Albert hat Mill den Fallibilismus in die politische Philosophie eingeführt.


Literatur

Literatur


Zur philolex-Startseite


Copyright © by Peter Möller, Berlin.