Hans Vaihinger

Hans Vaihinger (1852–1933), deutscher Philosoph. Entwickelte die Philosophie des »Als-Ob«, oder des Fiktionalismus. Wird allgemein als Vertreter des Neukantianismus bezeichnet.

Fiktionalismus: Fiktionen seien im Unterschied zu  Hypothesen Aussagen, von denen wir wüssten, dass sie falsch seien, die wir aber dennoch als Hilfskonstruktionen mit Erfolg einsetzten um künftige Erfahrungen vorauszusagen, was uns wiederum zu zweckgerichtetem Handeln befähigen würde. Diese Fiktionen bildeten mit der Zeit eine ganze Welt für sich, die für alles höhere geistige Leben, für Wissenschaft, Philosophie, Religion etc. wichtiger seien als die »wirkliche« Welt. [In dem Moment, wo die Welt der Fiktionen einmal geschaffen ist, ist sie so wirklich, wie die vom Menschen unabhängig existierende Wirklichkeit. Es kommt darauf an, was man unter wirklich, unter Existenz versteht. Es gibt verschiedenste Arten von Existenz.]

Pragmatismus: Wahrheit sei nichts anderes als Nützlichkeit für das Leben. Einen anderen »objektiven« Maßstab gebe es gar nicht. (Wie bei  James) [Auf das praktische Leben bezogen, stimme ich dem zu. Ob es sich allerdings auf das Sein als Ganzes bezogen auch so verhält, darüber mache ich als Skeptizist keine Aussage.]

Vaihinger grenzt sich vom Skeptizismus ab und bezeichnet seine Philosophie als Positivismus. Skeptizismus ergebe sich aus dem »absoluten  Idealismus«. [Unter diesem Begriff versteht Vaihinger aber wohl etwas anderes, als Hegel. Nach meinem Empfinden hat Vaihinger eine eingeschränkte Vorstellung von Skeptizismus.]

Vaihinger sieht natürliche Schranken des Erkennens darin, dass alles Erkennen auf ein Vergleichen hinauslaufe, derart, dass Unbekanntes auf Bekanntes reduziert würde und so müsse das Erkennen sein natürliches Ende bei den letzten »Gegebenheiten« finden, die nicht mehr auf Bekanntes reduzierbar seien.

[Nach meiner Auffassung eine eingeschränkte Vorstellung von Erkenntnis. Es können doch auch völlig neue »Gegebenheiten« auftauchen. Neue Qualitäten. Wie bei Hegel und Nicolai Hartmann. Bei der Entwicklung vom Säugling zum erwachsenen Menschen ist das doch wohl offensichtlich. Anfänglich werden bei diesem Prozess vielleicht tatsächlich neue »Gegebenheiten« auf bekannte »Gegebenheiten« reduziert, wobei aber immer etwas neues dabei sein muss, wie sollte das Neue sonst vom Bekannten differenziert werden? Wenn man dann nach einer gewissen Zeit auf seine intellektuelle Entwicklung zurückblickt, kann einem auffallen, dass es qualitative Sprünge gegeben hat, dass es nun »Gegebenheiten« gibt, die auf alte nicht reduzierbar sind. Die Evolution muss mit uns Menschen nicht ihr Ende finden. Höhere Arten, die so weit über uns stehen würden, wie wir über den Tieren, hätten es mit anderen, höheren »Gegebenheiten« zu tun.]

Während der aus dem absoluten Idealismus hervorgehende Skeptizismus künstliche Schranken der menschlichen Erkenntnis statuieren, würde der Positivismus nur natürliche Endigungen alles Erkennens überhaupt finden. [Es sind zwei verschiedene Dinge, ob man seine Aussagen auf das Reich der Erscheinungen begrenzt oder ob man das Reich der Erscheinungen mit dem Sein gleichsetzt. Letzteres scheint Vaihinger hier zu machen. Ansonsten könnte er keine Aussage über das Erkennen überhaupt machen.]

Vaihinger entwickelte – nach eigenen Angaben noch vor Wundts »Heterogonie« – die Vorstellung von dem »allgemeinen Gesetz der Überwucherung des Mittels über den Zweck«. Hiermit ließe sich z. B. erklären, warum sich das menschliche Gehirn – ursprünglich nur ein Organ, das uns das Überleben ermöglichen sollte – so weit entwickelte, dass es zu höherer Mathematik fähig wurde, etwas, das wir zum Überleben nicht benötigen. (Siehe auch Evolutionäre Erkenntnistheorie.)


Literatur:

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