Peter Möller

Gibt es höhere Wesen und höhere Welten?

Als Voraussetzung zu diesem Aufsatz sollte man mein »Ausschließungsverfahren« kennen, wie ich es in meinen Aufsätzen Gedanken zur Erkenntnistheorie und Kurze Zusammenfassung meiner Philosophie dargelegt habe.


I. Gott

Die Existenz eines Gottes, der wie ein Mensch aussieht und in einem Himmel sitzt, der eine räumliche und zeitliche Existenz hat, umgeben von seinen Engeln (und eventuell Heiligen), zu dem wir denn einst mit unserem Auferstehungsleib kommen, wenn wir fromm genug waren, einen solchen Gott schließe ich mit unmittelbarer Sicherheit aus. Genauso wie ich die Existenz von Schneewittchen, Feen, Zyklopen und Klabautermännern ausschließe.

Die Existenz eines Gottes, der zwar nicht wie ein Mensch aussieht, keine leibliche Existenz hat, sondern lediglich eine geistige, der aber wie ein Mensch denkt, bloß umfangreicher, und ein sich wissendes Subjekt ist, dessen Antlitz wir einst schauen werden, in einem Zustand ewiger Glückseligkeit, auch einen solchen Gott schließe ich mit unmittelbarer Sicherheit aus.

Einen Gott, der weder an Gestalt noch an Gedanken dem Menschen gleicht, sondern eine sich dem menschlichen Erkenntnisvermögen entziehende, abstrakte, geistige Kraft als Kern des Seins ist, einen solchen Gott kann ich nicht ausschließen. Dass es ein um seine Existenz wissendes Subjekt, ein Ich ist, halte ich aber eher für unwahrscheinlich. Ich ziehe zur Bezeichnung eines solchen eventuell existierenden Wesens allerdings das Wort »Weltgeist« vor.


II. Menschliche Existenz in anderen Seinssphären

Möglicherweise ist der Mensch nicht erst mit seiner Geburt entstanden und wird mit seinem Tod nicht verschwinden. Es könnte ein davor und ein danach in anderen Seinssphären oder auch in dieser Welt als eine andere Person geben. Ich sehe mich nicht dazu in der Lage spiritistische, anthroposophische und ähnliche Vorstellungen mit Sicherheit als falsch auszuschließen. Siehe auch Wiedergeburt.


III. Höheres Leben in anderen Gegenden des Universums

Wenn es eine von der menschlichen Vorstellung unabhängige materielle Welt gibt, wenn diese materielle Welt, das Universum eben, viele Milliarden Jahre alt ist, und wenn Materie überall im Universum die Eigenschaft hat, von einfachen zu komplexeren Strukturen fortzuschreiten, dann ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch anderswo im Universum intelligentes Leben entstanden und zwar schon Millionen oder Milliarden Jahre vor der Entstehung der Menschen.

Wenn intelligentes Leben die Technik immer weiter entwickelt, wenn die Lichtgeschwindigkeit etwas ist, dass nur bei unserem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht übertreffbar ist, bzw. es noch andere Methoden gibt, weit entfernte Sonnensysteme oder Galaxien zu erreichen [1], und wenn intelligentes Leben überall das Bestreben hat in die Ferne zu reisen, alles zu erkunden, dann wissen andere Intelligenzen von unserer Existenz und zwar von Anfang an, seit Millionen von Jahren.

Diese Schlussfolgerungen stimmen aber nur dann, wenn die Voraussetzungen stimmen! (Und das müssen sie nicht.)

Mein Haupteinwand gegen die UFO ist, dass sie zu sehr dem menschlichem Erkenntnis- und Begriffsvermögen angepasst sind und zwar dem gegenwärtigen. Im Mittelalter hatten die Menschen, auf ihrem damaligem Erkenntnis- und Begriffsniveau, Marien-Erscheinungen oder sahen Feen und Klabautermänner.

Früher dachten sich die Menschen Götter aus, die sie mit menschlichen Attributen ausstatteten, z. B. Zorn oder Güte. Oder diese Götter besaßen Fähigkeiten, die die Menschen gerne gehabt hätten, z. B. Allwissenheit und Allmächtigkeit.

Heute denken sich die Menschen außerirdische Wesen aus, die sie mit menschlichen Attributen ausstatten. Entweder sind es aggressive, kriegführende Monster oder es sind liebe, fürsorgliche Leute. Das sind die zwei Seiten unseres Wesens.


IV. Parallelwelten

Intelligentes Leben muss nicht heißen, uns verständliches. Wenn die spiritistische Behauptung richtig sein sollte, dass die Seelen der Verstorbenen um uns herum existieren, wäre dies eine uns verständliche, wenn auch nicht wahrnehmbare Parallelwelt. Ebenso verhielte es sich, wenn es den christlichen Himmel mit seinen Engeln und Heiligen geben würde. Auch der  Astralleib und andere anthroposophische Dinge sind, wenn es sie denn geben sollte, von uns begreifbar, wenn auch nicht wahrnehmbar.

Es sind aber auch Parallelwelten möglich, die sich gänzlich dem menschlichen Erkenntnisvermögen entziehen, die sich von unserer Welt ähnlich unterscheiden, wie sich unsere Welt von der der Ameisen unterscheidet. [2]

Wenn vor uns Menschen bereits intelligentes Leben entstanden ist und sich dieses immer weiter entwickelt hat, dann werden solche Wesen nicht nur über eine überlegenere Technik verfügen. Sie werden auch, zumindest teilweise, in Seinssphären existieren, von denen wir Menschen überhaupt keine Ahnung haben und zu denen wir mit unserem Erkenntnisvermögen gar nicht vordringen können.

Aus der Perspektive der Tiere ist die Welt der Bücher oder die Welt der Mathematik höhere Welten, von deren Existenz sie keine Ahnung haben (auch nicht unsere nächsten Verwandten die Schimpansen oder unsere Hunde und Katzen), die aber um sie herum existieren, bzw. die ein Teil ihres Wesens sind. (»Ubi materia, ibi geometria«.)

Mit der Frage, ob es höhere Arten bzw. höhere Intelligenz(en) gibt, hängt die Frage zusammen, ob es höhere Welten gibt, bzw. ob es einige höhere Welten bereits gibt und andere erst noch entstehen. Die Welt der Mathematik gab es auch schon bevor es Menschen gab und bevor irgend jemand um sie wusste. [3] Die Welt der Bücher oder modernerer Medien gibt es aber erst, seitdem die Menschen sie geschaffen haben. Die Menschen schaffen qualitativ neue Seinssphären, die es ohne sie nicht geben würde. (Jüngstes Beispiel: Das Internet.) So können höher entwickelte Wesen ebenfalls qualitativ neue Seinssphären schaffen, die es heute noch nicht gibt und die, wenn sie einst entstanden sind, von Wesen mit unserem Erkenntnisvermögen so wenig erkennbar sein werden wie den Tieren die Welt der Bücher.

Höhere Arten bzw. höhere Intelligenzen müssen nicht nur in irgendwelchen fernen Weltgegenden existieren. Sie könnten auch hier und jetzt um uns herum existieren, aber für uns nicht wahrnehmbar.

Und nicht nur »Hier und jetzt«. »Hier« impliziert schon Raum und »jetzt« impliziert schon Zeit. Intelligentes Leben könnte sich aber auch in Seinssphäre befinden, die mit Raum und Zeit nichts zu tun haben. Vielfalt, gewusste Vielfalt und »sich wissende Vielfalt«, aber nicht in Form eines Nebeneinander im Raum oder eines Nacheinander in der Zeit. Vielfalt könnte in einer uns nicht verständlichen Weise vorhanden sein [4] oder z. B. durch das unmittelbare, zeitlose Nebeneinander von Bewusstseinsinhalten. (Soetwas ähnliches wie »echtes multitasking im Bewusstsein«.) [5]


V. Schlussfolgerungen

Möglicherweise gibt es einen Weltgeist (der allerdings dem Menschen weder körperlich noch geistig gleicht), möglicherweise existiert der Mensch nicht nur in dieser Welt (spiritistische und anthroposophische Möglichkeiten), möglicherweise gibt es intelligentes Leben anderswo im Universum, oder in uns nicht zugänglichen Seinssphären bzw. Parallelwelten. Ich sehe mich nicht dazu in der Lage, solche Behauptungen mit Sicherheit als falsch auszuschließen. Aber das sind letztlich alles Spekulationen! Es kann sein, kann aber auch nicht sein.

Die Welt, in der ich hier und heute lebe, ist keine Spekulation. Und in dieser Welt gibt es Probleme, mit denen sich zu beschäftigen mir sinnvoller erscheint, als sich in Spekulationen zu verlieren. Etwas anderes ist es, wenn man diese Welt als einzig existierende annimmt. Dann behauptet man mehr zu wissen, als man wissen kann.


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Anmerkungen

Anm. 1: Vor kurzem habe ich die (phantastische?) Theorie vernommen, dass es hochentwickelter Technik vielleicht möglich ist, die Krümmung des Raumes zu verstärken und damit entfernt gelegene Sonnensysteme und Galaxien zu sich heranzuziehen. Sehr clever, wenn es geht. Man erhöht nicht die Geschwindigkeit, man reduziert die Entfernung. Eine solche Theorie setzt allerdings die Richtigkeit der Relativitätstheorie voraus. In einem euklidischen Universum wäre das nicht möglich. Zurück zum Text

Anm. 2: Wenn man durch einen Wald geht und einen Ameisenhaufen sieht, versucht man dann mit den Ameisen Kontakt aufzunehmen? Was könnte ich den Ameisen von mir mitteilen? Alles, was für mich wichtig ist, ist den Ameisen unbegreifbar. Hätte es für mich einen Wert, die Ameisen anzugreifen? Zu versklaven? Zu unterdrücken? Oder gar zu vergewaltigen? ;-) Zurück zum Text

Anm. 3: Diese Behauptung ist in der Philosophie aber nicht unumstritten. Es gibt Philosophen, die behaupten, auch die Mathematik sei eine menschliche Schöpfung, z. B. Ayer und Quine. – Zurück zum Text

Anm. 4: Nach Spinoza hat Gott unendlich viele Attribute, von den wir nur zwei erkennen können: Ausdehnung und Denkung (Materie und Geist). Wenn das richtig sein sollte (diese Auffassung muss man ja nicht unbedingt teilen), dann gibt es auch für höhere Wesen noch eine ganze Menge zu erkennen. Zurück zum Text

Anm. 5: Einige Menschen, die schon einmal klinisch tot waren, dann aber ins Leben zurückgeholt wurden, berichteten, dass sie dazu in der Lage gewesen seien, mehrere Bewusstseinsinhalte gleichzeitig klar und deutlich nebeneinander zu haben. Dazu ist der Mensch normalerweise nicht in der Lage. Höhere Wesen wären es vielleicht. Zurück zum Text


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