Johannes Scottus Eriugena


Eriugena kurz und knapp

Eriugena (kelt. eriu = Irrland), eigentlich Johannes Scotus (etwa 810–877), irisch-schottischer Herrkunft, der im Fränkischen Reich lebte, am Hof Karls des Kahlen und in Paris lehrte. (Das Fränkische Reich war gebietsmäßig das, was später mal Deutschland, Frankreich, Norditalien, Holland, Belgien und Luxemburg sein sollte. Also die ursprüngliche EWG.) Er war ein europäischer Philosoph, Theologe und Schriftsteller. der für seine Zeit und sein Umfeld ungewöhnlich gebildet war. Er gilt einigen Autoren als der erste Scholastiker [1] und wichtiger Vertreter des Universalienstreit, wo er den  Realismus vertrat. Er hatte eine starke Nähe zum Neuplatonismus. (Man könnte auch sagen, dass er faktisch ein Neuplatoniker in christlicher Einkleidung war.) In einigen seiner Gedanken war er Vorläufer des Deutschen Idealismus, besonders Hegels.


Eriugena ausführlicher

Die wahre Religion sei auch die wahre Philosophie. Jeder Zweifel an der Religion (sprich der christlichen Religion) könne und solle philosophisch widerlegt werden.

Seine Lehre ist später besonders wegen zweier [bzw. dreier] Punkte von der Kirche verworfen worden:

  1. Er maß der Vernunft eine Bedeutung bei, die zu seiner Zeit noch als Ketzerei und Gotteslästerung angesehen wurde.
  2. Seine Philosophie hat eine zu starke Nähe zum Neuplatonismus. Eriugena übersetzte ohne päpstliche Erlaubnis die Schriften des Dionysius Areopagita.
  3. [Das dritte ist wohl, das Eriugena faktisch Pantheist war. Gott denkt sich die Welt und deshalb ist sie. Im Menschen denkt Gott. Wie bei Spinoza und Hegel.]

Gott und Welt: Die Weltgeschichte sei ein Kreislauf, der in Gott beginne und in Gott zurückkehre! In diesem Punkt ist Eriugena ein Vorläufer von Meister Eckhard und Jacob Böhme. [Es sind zwei fundamental unterschiedliche Vorstellungen, ob wir später zu Gott kommen, aber auf Ewigkeit von ihm getrennt sind, oder ob wir in Gott aufgehen. Letztere Auffassung ist in der Geschichte der christlichen Theologie und Philosophie zwar immer wieder aufgetreten, wurde aber mehrheitlich, bzw. von den Herrschenden verworfen und blutig verfolgt.]

Drei Stufen:

  1. Gott ist die schaffende und nicht geschaffene Natur.
  2. Aus Gott geht die geschaffene und schaffende Natur hervor,
    die göttlichen Gedanken, die Urbilder und Allgemeinbegriffe
    (sprich die  platonischen Ideen).
  3. Hieraus geht dann die geschaffene und nicht schaffende Natur, die Einzeldinge, hervor.

Eriugena betonte die Willensfreiheit des Menschen.


Zitate von Johannes Scottus Eriugena

»Wir dürfen nicht zweierlei unter sich Verschiedenes denken, den Schöpfer und das Geschöpf, sondern nur eines und dasselbe.« (Hirschberger 1, S. 401)


Literatur

De divisione naturea (dt. Über die Einteilung der Natur)


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Anmerkungen

Anm. 1: Andere Autoren sehen in Anselm von Canterbury den Auslöser der Scholastik. Einige sehen den ersten Scholastiker schon in Böthius. – Zurück zum Text


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