Historizismus (von historia) bezeichnet die Auffassung, dass die Geschichte nach Gesetzen verläuft, die zwar von Menschen durch ihr Handeln realisiert werden, die aber vom menschlichen Willen unabhängig sind. Es würden mit Notwendigkeit bestimmte Stufen durchlaufen, was wie in der Naturwissenschaft Voraussagen über die Zukunft möglich mache. Historische Voraussagen seien ebenso möglich wie astronomische Vorhersagen.
Nicht verwechseln darf man den Historizismus mit dem Historismus, der sich zum Teil gerade gegen den Historizismus entwickelt hat.
Der Historizismus wurde besonders von Popper kritisiert. Eines seiner bedeutensten Werke ist Das Elend des Historizismus. Wenn es auch in der früheren Philosophie gewisse Gedanken in diese Richtung gab, der eigentliche Begründer des Historizismus war Hegel. Marx, der ursprünglich Hegelianer war, übernahm die Grundkonzeption der hegelsche Geschichtsphilosophie, gab ihr nach seiner Auffassung eine materialistische Grundlage, und behauptete, die Geschichte laufe gesetzmäßig auf eine kommunistische Gesellschaft hinaus. Engels sagte, der Kommunismus komme genauso unabänderlich wie die nächste Mondfinsternis. Dies war nicht einfach nur eine falsche Zukunftsvoraussage, sondern sie hatte im 20. Jahrhundert eine oft katastrophale Wirkung, da die Marxisten, besonders die Marxisten-Leninisten überzeugt waren, Vollstrecker historischer Gesetze zu sein, was ihnen (nach ihren Auffassungen) besondere Rechte verlieh, z. B. mit z. T. äußerst inhumanen Methoden zu arbeiten. Ein »negativer« Historizist war Spengler.
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